# taz.de -- Kino-Landschaft: Zukunft in Pixeln | |
> Die Zeiten für Programmkinos sind hart, die Kinolandschaft verändert | |
> sich. Wie sieht das Kino-Angebot derzeit im Innenstadtbereich aus? Die | |
> taz hat sich umgehört. | |
Bild: Aus- und originalgetreu wieder eingebaut: Der Saal des Metropolis-Kino st… | |
Hamburgs Kinolandschaft bleibt in Bewegung: Gerade haben das Metropolis und | |
das Studio Kino wiedereröffnet, dafür hat das Savoy dichtgemacht und das | |
Fama in Lurup schließt Ende Dezember. Die taz hat sich umgehört, wie der | |
Stand der Dinge bei anderen Programmkinos im Innenstadtbereich ist. Aus | |
Platzgründen mussten wir eine Auswahl treffen. | |
Die Krise der Programmkinos hat vor allem drei Gründe: Erstens wird die | |
Belieferung mit analogen Filmen immer schwieriger, und auf digitale Technik | |
umzurüsten, ist teuer. Zweitens gibt es immer mehr Menschen, die ihren | |
Flachbildschirm zu Hause dem Kino vorziehen. Und drittens macht den Kleinen | |
die Konkurrenz durch die Multiplexe zu schaffen, die immer öfter auch | |
klassische Programmkino-Filme zeigen. | |
Wenn die Betreiber kleiner Kinos auch in Zukunft aktuelle Filme zeigen | |
wollen, müssen sie auf digitale Filmtechnik umstellen. Ralf Denecke, | |
Kinobetreiber des 3001 in Hamburg, bezeichnet die Digitalisierung des Kinos | |
als "Fluch und Segen zugleich". Der Segen ist, dass die Produktion von | |
digitalen Filmen viel billiger ist. Zum Beispiel fallen die Filmrollen weg, | |
die im Kopierwerk hergestellt werden und bis zu 3.000 Euro kosten. Die | |
Digitalfilme werden stattdessen auf eine Festplatte gespielt und gegen | |
niedrige Versandkosten an die Kinos geliefert. | |
"Die Filmverlage haben mir prophezeit, dass die klassische analoge | |
35-Millimeter-Filmkopie in fünf Jahren ausgestorben ist", sagt Denecke. | |
Aber die kleinen Kinos koste es zwischen 20.000 und 90.000 Euro pro Saal, | |
ihre Technik umzustellen - ohne Hilfe der Kulturbehörde oder der | |
Filmförderung ist das nicht bezahlbar. | |
Zudem werden auch Filme im Programmkino-Segment wie Werner Herzogs neue | |
Dokumentation "Die Höhle der vergessenen Träume" als 3-D-Filme abgedreht. | |
Das macht die Vorführung nochmal teurer: 15.000 Euro kostet ein | |
3-D-Linsenaufsatz für den Digitalprojektor. | |
Ein Kino, das sich gegen diese Trends behauptet, indem es sich eine Nische | |
geschaffen hat, ist das kleine B-Movie auf St. Pauli. Im Dezember läuft | |
dort eine Reihe zum Thema "Schnee". Ins Programm gehören außerdem | |
Gehörlosenkino und sowieso "nur alte Filme", so Cornelia Pirsig, die dort | |
ehrenamtlich arbeitet. "Wir spielen nur das, worauf wir selbst Lust haben" | |
- seit 25 Jahren. | |
## Unter Denkmalschutz | |
Das kommunale Kino Metropolis neben der Staatsoper zeigt Filme aus allen | |
Epochen und Reihen mit Themenschwerpunkten. Finanziert wird es zu 50 | |
Prozent von der Kulturbehörde, die andere Hälfte verdient es durch | |
Mitgliedsbeiträge, Eintrittsgelder und Projektförderungen. 2008 wurde das | |
Gebäude, in dem sich das Kino befand, abgerissen, um einen Neubau zu | |
errichten. In diesen wurde der denkmalgeschützte Kinosaal mit 270 Sitzen | |
originalgetreu wieder eingebaut. Während der Bauphase zog das Metropolis in | |
das seit längerem leer stehende Savoy am Steindamm. Anfang November nahm | |
das Metropolis am alten Standort seinen Betrieb wieder auf. | |
## Auf eigene Faust | |
Zwischen November 2009 und Mai 2010 war das Passage in der Mönckebergstraße | |
geschlossen: Dem damaligen Betreiber, der Cinemaxx AG, soll die Miete für | |
einen wirtschaftlichen Betrieb als zu hoch erschienen sein. Gerade, als | |
kaum noch jemand an einen Fortbestand des traditionsreichen Hauses glaubte, | |
übernahm der schwäbische Kinobetreiber und Produzent Heinz Lochmann. | |
Und investierte viel Geld: In drei Sälen werden Filme gezeigt, die beiden | |
größeren, 450 und 220 Plätze, sind heute mit 3-D-Technik ausgerüstet. Der | |
dritte Saal fasst gerade mal 40 Zuschauer. Die Raumgröße zu verändern, war | |
nicht möglich: Das Gebäude ist denkmalgeschützt. Dafür hat Betreiber | |
Lochmann sein Ziel verwirklicht, einen "Art déco Palast in Gold" zu | |
schaffen - unter anderem mit einer Bar, an der Cocktails auch nach Wunsch | |
gemixt werden. | |
## Perspektive unklar | |
Das Savoy am Steindamm mit der großen, gekrümmten Leinwand ist fast 60 | |
Jahre alt und hat eine aufregende Geschichte. Es war schon ein | |
Mainstream-Bahnhofskino, aber auch Warenlager eines indischen | |
Einzelhändlers. 2008 zog das Metropolis Kino als Zwischenmieter ein. | |
Was nun mit dem Savoy passiert, ist unklar. Es gibt eine Initiative "Ahoj | |
Savoy", die es als Kino erhalten will, zwei potenzielle Betreiber | |
verhandeln mit dem Vermieter. Engagement der Stadt ist nicht in Sicht: Die | |
Stadtentwicklungsbehörde sieht im Savoy keine nachhaltige Investition für | |
den Stadtteil, die Kulturbehörde erklärt: "Wir können uns kein zweites | |
kommunales Kino leisten." | |
## Vor dem Aus | |
Das Kino im Streits-Haus, in dem ausschließlich englische Originalversionen | |
laufen, wird es bald nicht mehr geben: Der Mietvertrag am Jungfernstieg | |
läuft Anfang 2013 aus und wird nicht verlängert. Nach Angaben des jetzigen | |
Betreibers, der Cinestar-Gruppe, wird bereits nach einem Ausweichort | |
gesucht. Cinestar zufolge will der Vermieter die Räume nach der Schließung | |
des heutigen Streits nicht mehr als Kino nutzen lassen. Trotzdem habe man | |
vor Kurzem noch auf 3-D-Projektion umgerüstet. | |
## "3-D? Mag ich nicht. Punkt" | |
Ende Oktober ist das frisch umgebaute Studio-Kino zwischen Schanzenviertel | |
und Kiez wiedereröffnet worden. Der große Saal wurde auf 143 Plätze | |
verkleinert, im weiteren Kinoraum finden 72 Zuschauer Platz. Umgestaltet | |
wurde auch das Foyer. Der neue Betreiber Hans-Peter Jansen hat sich bewusst | |
gegen eine Investition in 3-D-Technik entschieden: "Das ist was für Kinos | |
mit riesigen Leinwänden", sagt er - "ich mag das einfach nicht, Punkt." | |
Sein Mietvertrag für das Haus in der Bernstorffstraße läuft über zehn | |
Jahre. "Jetzt müssen wir erstmal sehen, was für ein Publikum zu uns kommt", | |
sagt Jansen. | |
## Die Digitalisierung kommt | |
Das Abaton war eines der ersten Programmkinos Deutschlands. Drei Säle hat | |
es, der größte umfasst 288 Plätze. Momentan gibt es dort einen Server plus | |
Beamer für die digitale Projektion. Im kommenden Jahr sollen auch die | |
beiden anderen Säle Digitalprojektoren erhalten. Außerdem sollen diese | |
Projektoren per Linsenaufsatz 3-D-fähig gemacht werden. | |
24 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Johanna Lepere | |
Alexander Kohn | |
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