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# taz.de -- Strahlenschutzamt-Chef über Endlagersuche: "Gorleben belastet die …
> Es ist nicht nachvollziehbar, warum Gorleben als möglicher
> Endlagerstandort ausgewählt wurde, sagt Wolfram König. Der Chef des
> Bundesamtes kritisiert, dass weiter erkundet wird.
Bild: Eine Weitererkundung von Gorleben könnte die Glaubwürdigkeit der Endlag…
taz: Herr König, Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Vertreter aller
Bundesländer haben kürzlich einen "Neubeginn" in der Endlagersuche
angekündigt. Wie beurteilen Sie diese Initiative?
Wolfram König: Ich finde es ein sehr wichtiges Signal, dass sich Bund und
Länder erstmals seit mehreren Jahrzehnten zusammengesetzt und sich darauf
verständigt haben, sich der Herausforderung der Endlagerung zu stellen und
gemeinsam ein Endlager-Suchverfahren voranzubringen.
Allerdings heißt es bisher, dass der Salzstock Gorleben trotz dieses neuen
Suchprozesses weiter erkundet werden soll. Ist das eine gute Idee?
Ich glaube, dass eine Weitererkundung von Gorleben die Glaubwürdigkeit
einer ergebnisoffenen Standortsuche belastet. Denn dadurch kann der
Eindruck entstehen, dass es eine Vorfestlegung auf Gorleben gibt.
Was schlagen Sie stattdessen vor?
Es kommt jetzt darauf an, einen Prozess zu organisieren, der glaubwürdig
ist. Es muss deutlich sein, dass es wirklich um eine offene und
transparente Suche geht, so wie von Bundesumweltminister Norbert Röttgen
zugesagt – und dass es nicht darum geht, Akzeptanz für Gorleben zu
schaffen. Die Frage, wie man eine Weitererkundung von Gorleben mit einem
neuen systematischen Sucherverfahren vereinbaren kann, muss die Politik
beantworten.
An der bisherigen Erkundung in Gorleben gibt es viel Kritik. Wie beurteilen
Sie den Prozess?
Man hat vor 35 Jahren einen Standort ausgewählt nach einem Verfahren, das
nicht vollständig nachvollziehbar ist. Es ist unklar, wie und auf welchen
wissenschaftlichen Grundlagen die Politik damals Entscheidungen getroffen
hat. Das belastet die Situation bis heute.
Was ist denn im einzelnen schief gelaufen?
Es hat kein offenes, transparentes Auswahlverfahren unter Einbeziehung der
Bevölkerung gegeben, und auch heute gibt es keine formale
Bürgerbeteiligung. Eine weitere Hypothek, die Gorleben hat, ist, dass sich
die Kriterien verändert haben: Am Anfang hat man gesagt, dass man zwei
geologische Barrieren benötigt, um die Sicherheit zu gewährleisten: Das
Salz und eine Deckschicht aus Ton. Bei den Untersuchungen hat man dann
festgestellt, dass die Deckschicht teilweise fehlt. Dann ist argumentiert
worden, dass das Salz so mächtig ist, dass es allein als Barriere
ausreicht. Das mag wissenschaftlich vertretbar sein, aber darunter leidet
die Glaubwürdigkeit. Das Verfahren lebt davon, dass man am Anfang Kriterien
formuliert und dann dabei bleibt. Sonst entsteht der Eindruck man würde
Eignungskritierien an den Standort anpassen.
Sollte man Gorleben angesichts dieser Versäumnisse bei einer neuen
Standortsuche nicht ganz ausschließen?
Nein, meiner Meinung nach muss Gorleben mit im Pool der möglichen Standorte
bleiben. Eine weiße Landkarte bedeutet, dass kein Standort aus politischen
Erwägungen heraus ausgeschlossen wird. Aber es muss ein Verfahren geben,
das auch wirklich die Möglichkeit gibt, einen Vergleich zwischen
verschiedenen Standorten anzustellen.
Die bisherigen Erkenntnisse, etwa über Gasvorkommen oder Wassereinschlüsse,
disqualifizieren den Salzstock also nicht?
Ich beteilige mich nicht an Spekulationen, ob Gorleben geeignet ist oder
nicht – das kann derzeit noch niemand sagen. Bis zu einem Eignungsnachweis
benötigt man noch mindestens 15 Jahre.
Wo sollte man denn nach alternativen Standorten suchen? Ebenfalls in Salz,
oder eher in Ton oder Granit?
Grundsätzlich denkbar sind Salz, Ton und Granit. Es gibt aber nicht per se
das gute oder schlechte Gestein – jedes hat Vor- und Nachteile. Und von
Spekulationen über mögliche Standorte halte ich zum jetzigen Zeitpunkt
nichts. Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir die Fehler der Vergangenheit
wiederholen, in dem aus Teilkenntnissen oder vielleicht auch aus
politischen Interessen einige Standorte schon mal benannt oder
ausgeschlossen werden.
In Niedersachsen wird inzwischen darüber nachgedacht, den Atommüll zunächst
gar nicht unter die Erde zu bringen, sondern dauerhaft oberirdisch zu
lagern, etwa in Bunkern. Was halten Sie von der Idee?
Ich vertraue bei der Langzeitsicherheit mehr auf Geologie als auf
gesellschaftliche Systeme, Beton oder Wachmannschaften. Oberirdische Lager
bieten nicht die Sicherheit, die wir brauchen, um die Abfälle dauerhaft von
der Biosphäre fernzuhalten.
25 Nov 2011
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
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