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# taz.de -- Abkommen zu Streumunition: Abschwächung abgeschmettert
> Verhandlungen für ein abgeschwächtes Abkommen zum Verbot von
> Streumunition sind gescheitert. Deutschland erntet Kritik. Neu: Reaktion
> des Außenamtes.
Bild: Sogenannte Bomblets aus einer Streumunitionsgranate der Bundeswehr.
GENF taz | Der auch von der deutschen Bundesregierung unterstützte Versuch
der USA, Chinas, Russlands, Israels und anderer Staaten, die
Oslo-Konvention zum umfassenden Verbot von Streumunition durch ein zweites
Abkommen mit erheblich schwächeren Standards zu unterminieren, ist
endgültig gescheitert.
Die im Rahmen der UN geführten Genfer Verhandlungen über ein zweites
Abkommen wurden am Freitagabend ergebnislos beendet. Die Oslo-Konvention
aus dem Jahr 2008 wurde bislang von 111 Staaten unterzeichnet.
Bei den Genfer Verhandlungen stimmten über 50 Teilnehmerstaaten gegen einen
von Washington unterbreiteten Vertragsentwurf. Für seine Annahme wäre
Konsens erforderlich gewesen. Der Vertragsentwurf sah im Unterschied zur
Oslo-Konvention lediglich das Verbot von vor 1980 produzierter
Streumunition vor. Und dies obwohl alle Streumunitionstypen, die seit Ende
des Kalten Krieges in bewaffneten Konflikten eingesetzt wurden - unter
anderem von Israel, den USA, Russland und Georgien - erst nach 1980
produziert wurden.
Deutschland stimmte am Freitagabend als einer von lediglich drei Staaten,
die die Oslo-Konvention ratifiziert haben, für den US-Entwurf für ein
schwächeres Streumunitions-Abkommen. Andere Oslo-Unterzeichnerstaaten wie
Norwegen, Österreich und Mexiko , die sich bei den Genfer Verhandlungen
vergeblich dafür eingesetzt hatten, die Bestimmungen eines zweiten
Abkommens so weit wie möglich auf das Niveau der Oslo-Konvention zu
bringen, votierten bei der Schlussabstimmung mit Nein.
Die Bundesregierung in Berlin vertrat bei den Genfer Verhandlungen das
Interesse deutscher Rüstungskonzerne, die weiterhin mit dem Verkauf und dem
möglichst uneingeschränkten Export von Streumunition Geld verdienen wollen.
Aktuell sind das der Nürnberger Rüstungskonzern Diehl, der die für
Zivilisten angeblich völlig sichere Streumunition vom Typ Smart 155
produziert, sowie die Düsseldorfer Rheinmetall, Hersteller der für den
Abschuss der Smart 155 benötigten Panzerhaubitze 2000.
Die deutsche Haltung war nicht nur bei Nichtregierungsorganisationen,
sondern auch beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, bei der
Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte sowie beim Uno-Entwicklungsprogramm
auf scharfe Kritik gestoßen.
Anmerkung des Auswärtigen Amtes vom 28. November 2011 zum Satz "Deutschland
stimmte am Freitagabend als einer von lediglich drei Staaten, die die
Oslo-Konvention ratifiziert haben, für den US-Entwurf für ein schwächeres
Streumunitions-Abkommen.":
"Diese Darstellung ist falsch.
Weder hat Deutschland für einen US-Entwurf gestimmt noch hat es eine solche
Abstimmung überhaupt gegeben. Der schlussendlich am Freitag zur
Entscheidung vorgelegte Entwurf für ein "Zusatzprotokoll Nr. 6 über
Streumunition" zur "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen" wurde
nicht per Abstimmung, sondern per Konsensprinzip wegen offensichtlich nicht
vorhandenen Konsenses abgelehnt.
Wenn es eine Abstimmung gegeben hätte, hätte Deutschland im Übrigen mit
Nein gestimmt, weil der finale Text des Entwurfes aus deutscher Sicht
zutiefst unbefriedigend war und den humanitären Schutz vor Streumunition
nicht vebessert, sondern aufgeweicht hätte."
Dazu wiederum der Autor des Artikels, Andreas Zumach:
Die Darstellung des AA ist zumindest grob irreführend. Am Ende der Genfer
Konferenz am Freitag (25.11.) fragte der Vorsitzende ausdrücklich, ob einer
der Teilnehmerstaaten den Entwurf ablehnt. Deutschland meldete sich NICHT.
Doch eine Gruppe von 53 Staaten, die schon zuvor ihre Ablehnung zu
Protokoll gegeben hatten (Deutschland gehört NICHT dazu) bekräftigte in
einer Stellungnahme diese ablehnende Haltung. Damit war klar, daß der für
eine Annahme des Antwurfs erforderliche Konsens aller Teilnehmerstaaten
nicht existierte. Eine formale Abstimmung über den Entwurf war dann nicht
mehr erforderlich.
Das Verhalten Deutschlands wurde von sämtlichen
Nichtregierungsorganisationen sowie von anderen MedienbeobachterInnen und
Teilnehmerstaaten als Zustimmung Deutschlands zu dem Entwurf verstanden -
und konnte angesichts des Verhaltens der deutschen Delgation während der
zwei Genfer Verhandlungswochen (14.-25.11.) auch nicht anders verstanden
werden. Unter allen Vertragsstaaten der Oslo-Konvention engagierte sich
Deutschland gemeinsam mit Frankreich und Australien am stärksten für ein
zweites Abkommen mit schwächeren Standards. Deutschland sei nur noch für
das Verbot „von Streumunition ohne Sicherheitsmechanismen“, erklärte die
deutsche Delegation in der ersten Genfer Verhandlungswoche in klarer Abkehr
von den Bestimmungen der Oslo-Konvention.
Den am Montag letzter Woche (21.11.) vorliegenden Entwurf für ein Abkommen
bewertete die deutsche Delegation als „Fortschritt für das humanitäre
Völkerrecht“ - und dies kurz nachdem der Präsident des IKRK , Jakob
Kellenberger, öffentlich das genaue Gegenteil erklärt hatte. Der
IKRK-Präsident warnte ausdrücklich vor einem zweiten Abkommen, "mit dem
erstmals in der Völkerrechtsgeschichte niedrigere Standards für den Schutz
von Zivilisten vereinbart würden als die Standards eines bereits
bestehenden internationalen Vertrages“.
Die Haltung Deutschlands, Frankreichs und Australiens war Anlaß für eine
ungewöhnliche gemeinsame Erklärung, mit der die UNO-Hochkommissarin für
Menschenrechte, Navi Pillay, die Generaldirektorin des
UNO-Entwicklungsprogramms, Helen Clark, sowie die Leiterin der UNO-
Abteilung für Katastrophenhilfe, Valeri Amos, am Mittwoch (23.11.)
öffentlich ebenfalls vor der Unterminierung der Oslo-Konvention durch ein
zweites, schwächeres Abkommen warnten. Auf mehrfache Fragen von
Journalisten und NGO-VertreterInnen während der zweiwöchigen Verhandlungen
nach den Mindestanforderungen/der roten Linie der Bundesregierung für ein
Ja/Nein zu einem Abkommensentwurf verweigerte die deutsche Delegation
jegliche Auskunft.
Wenn die Bundesregierung tatsächlich die Absicht hatte, im Falle einer
formalen Abstimmung über den finalen Entwurf am letzten Freitag mit „Nein“
zu stimmen, wie das AA in Reaktion auf meinen Artikel schreibt, so war
diese Absicht bislang ihr wohlgehütetes Geheimnis. Und es bleibt die Frage,
warum die deutsche Delegation dieses „Nein“ am letzten Freitag im
Unterschied zu 53 anderen Staaten nicht zu Protokoll gegeben hat - trotz
ausdrücklicher Nachfrage des Konferenzvorsitzenden.
27 Nov 2011
## AUTOREN
Andreas Zumach
## TAGS
Neuseeland
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