# taz.de -- Streit ums Schülermixen: Wahlrecht für Stadtteilschule | |
> GAL beantragt neues Anmeldeverfahren, das Gymnasien und Stadtteilschulen | |
> erlaubt, 55 Prozent der Kinder selbst auszuwählen. SPD hält das für nicht | |
> durchführbar. | |
Bild: Zufall oder Methode? Schülermix. | |
Wie können Stadtteilschulen eine lernförderliche Mischung der Schüler | |
erreichen? Darüber gibt es Streit, seit SPD-Schulsenator Ties Rabe Ende | |
Oktober entschied, einen 2008 gestarteten Schulversuch nicht zu verlängern. | |
Der erlaubte einer Handvoll gut angewählter Schulen wie der | |
Max-Brauer-Schule in Altona, Kinder nach eigenen Kriterien auszuwählen. | |
Die GAL-Abgeordnete Stefanie von Berg stellt nun den Antrag, diese Option | |
auf alle Gymnasien und Stadtteilschulen auszuweiten. Auch die CDU findet | |
das gut. Denn sonst gilt, wenn die Plätze knapp sind, nur das | |
Wohnortprinzip. Rabe überlasse die förderliche Durchmischung damit "dem | |
Zufall", kritisiert von Berg. Schulpolitik sei aber auch "Sozialpolitik". | |
Die GAL beruft sich auf die Evaluation des "gesteuerten Anmeldeverfahrens" | |
durch das Lehrerbildungsinstitut. Das sieht darin eine Chance, | |
Stadtteilschulen in benachteiligter Lage "stark zu machen". Mit einem | |
unverkennbaren Profil könnten sie sich "regional öffnen". | |
Ein Beispiel ist die Stadtteilschule Harburg, die als "Kulturschule" zur | |
Hälfte bevorzugt Kinder mit "kulturellen Vorerfahrungen" aufnahm. Das | |
Modell sei "absolut erfolgreich", berichtet Schulleiterin Heidrun Pfeiffer. | |
Gelte jetzt aber wieder nur die Länge des Schulwegs, seiene die Kinder mit | |
eher wenig Büchern im Elternhaus wieder unter sich. | |
Die GAL will, dass die Schulen bis zu 55 Prozent der Schüler selbst | |
aussuchen dürfen. "Wir wollen keine Eliteschule", sagt von Berg. Auch | |
Gymnasien müssten auf eine "sozial heterogene Mischung" achten. | |
Stadtteilschulen sollen zudem die Schüler nach Leistung mischen. Sinnvoll | |
wäre, je ein Drittel der Kinder aus dem oberen, mittleren und schwachen | |
Leistungssegment aufzunehmen. | |
Schulsenator Rabe lehnt den GAL-Antrag ab. "Wir haben Wichtigeres zu tun", | |
sagt er. Auch der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Holster, | |
hält den Vorschlag für "nicht durchführbar". Er verstehe nicht, wie ein | |
Gymnasium in Othmarschen bei der Schülerauswahl für eine "sozial heterogene | |
Mischung" sorgen soll. Profilierte Stadtteilschulen würden die | |
leistungsstarken Kinder auswählen, die Übrigen würden an die Nachbarschulen | |
verdrängt. | |
Sie halte den GAL-Vorschlag "für unsolidarisch", sagt die Vorsitzende des | |
Elternvereins, Sabine Boeddinghaus. Gerade die neuen Stadtteilschulen, die | |
aus früheren Haupt- und Realschulen hervorgingen, hätten es so "sehr | |
schwer". | |
Wenn die Schulen sich die Schüler aussuchten, werde die soziale Spaltung | |
"eher verschärft", findet der Leiter der Stadtteilschule Wilhelmsburg, Jörg | |
Kallmeyer. Die Elbinsel habe eine sehr homogene Schülerschaft mit sehr | |
wenigen Leistungsstarken. Er habe keine Idee, wie er seine Schule für | |
Kinder aus Eppendorf attraktiv machen könne. "Ich weiß nur, diese Lösung | |
ist es nicht." | |
Der GAL-Antrag sei "richtig", findet dagegen Schulleiter Martin Heusler, | |
dessen Stadtteilschule Winterhude nicht am Versuch teilnahm. Er habe oft | |
Eltern abweisen müssen, denen das Konzept seiner Reformschule gefiel. | |
Dadurch würden die Stadtteilschulen Kinder aus dem "oberen | |
Leistungssegment" an die Gymnasien verlieren. Es gehe aber nicht nur um | |
Leistung, sagt Heusler. Wichtig sei, dass die Eltern mit dem Schulprofil | |
einverstanden sind. "Das setzt konstruktiv Energie frei." | |
27 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mangel an Schulplätzen: Eltern protestieren gegen „Schulloch“ | |
Kinder aus St. Pauli und der Neustadt hätten keine Chance, auf ein nahes | |
Gymnasium zu kommen, kritisiert eine Eltern-Initiative. Fünftklässler | |
müssten bis nach Osdorf und Finkenwerder reisen. |