# taz.de -- Finanzkrise im Baltikum: Bankencrash sorgt für Unruhe | |
> In Litauen und Lettland müssen Banken Insolvenz anmelden. Lettland sagte | |
> zuvor die Auktion einer Staatsanleihe ab. Die Furcht vor einer neuen | |
> baltischen Finanzkrise wächst. | |
Bild: Geld abgezweigt: Die Pleiten von Banken bedrohen die Finanzen von Lettlan… | |
STOCKHOLM taz | RentnerInnen kommen nicht an ihre Pensionen, von Sparkonten | |
dürfen nur Minibeträge abgehoben werden, und Dutzenden Firmen droht der | |
Konkurs. Der Grund: Eine litauische und eine lettische Privatbank sind in | |
den vergangenen zwei Wochen in Schieflage geraten und sollen nun über ein | |
Insolvenzverfahren abgewickelt werden. Offenbar stecken Betrug und | |
Geldwäsche dahinter. | |
Erst war Litauens viertgrößte Bank Snoras gekippt. Die Bilanzen erwiesen | |
sich als manipuliert, angebliche Sicherheiten existierten nur auf dem | |
Papier. Umgerechnet rund eine Milliarde Euro sollen verschwunden sein. In | |
Lettland wurde dann die Latvijas Krajbanka, eine 70-prozentige Tochter von | |
Snoras, mit in den Strudel gezogen. Auch hier sollen einige hundert | |
Millionen fehlen. | |
Haupteigentümer beider Banken ist der russische Finanzmann Wladimir | |
Antonow. Der lebt in Großbritannien, wo er aufgrund eines von Litauen | |
beantragten EU-Haftbefehls am Freitag festgenommen wurde. Laut | |
Medienberichten sollen Bankmanager ausgesagt haben, Antonow habe das | |
fehlende Geld "für andere Geschäfte" abgezweigt. | |
Vor einigen Monaten war Antonow aufgefallen, als er die konkursbedrohte | |
schwedische Autofabrik Saab übernehmen wollte. Die Konzernmutter General | |
Motors und Europäische Investitionsbank akzeptierten ihn jedoch nicht als | |
Käufer - angeblich auf eine Warnung der CIA hin. Schon damals gab es | |
Gerüchte um fragwürdige Geschäfte. | |
Vor allem Lettland ist bei Bankeninsolvenzen ein gebranntes Kind. 1995 war | |
die Banka Baltija zusammengebrochen, was das Vertrauen in das Bankensystem | |
des Landes auf Jahre hinaus zerstörte. 2008 ließ der Zusammenbruch der | |
Parex Bank Lettland in seine bislang schwerste Finanzkrise schlittern. Nur | |
Gelder von EU und IWF retteten das Land vor dem Staatsbankrott. | |
Durch die Bankencrashs kommen neue Probleme auf die Regierungen in Riga und | |
Vilnius zu. Denn die gesetzliche Garantie über 100.000 Euro pro Anleger | |
könnten für die Staatskassen teuer werden - und das angesichts eines | |
ohnehin wachsenden Misstrauens auf den Finanzmärkten gegenüber Osteuropa. | |
Als Lettland am letzten Dienstag zehnjährige Staatsanleihen verkaufen | |
wollte, verlangten Anleger einen Zinssatz von 6,5 Prozent dafür. Weil der | |
Regierung das zu teuer wurde, zog sie die Anleihe zurück. Litauens | |
Finanzministerin kündigte an, das Land werde wieder Hilfe vom IWF | |
benötigen, wenn die Zinsen für seine Staatsanleihen das Niveau von 2009 | |
erreichen würden. Damals lagen sie bei 9 Prozent. | |
27 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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