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# taz.de -- Berliner Sozialunternehmen: Treberhilfe landet in den Armen des Her…
> Der evangelische Diakonieverein übernimmt die insolvente Treberhilfe in
> allerletzter Minute. Der umstrittene Alteigentümer Harald Ehlert muss
> endgültig gehen
Bild: Ihre Mitarbeiter können aufatmen: Filiale der Treberhilfe in Berlin
Für null Euro verkauft: Am heutigen Donnerstag übernimmt der evangelische
Diakonieverein Berlin-Zehlendorf den Geschäftsbetrieb der angeschlagenen
Treberhilfe. Nach den Eskapaden des bisherigen Eigentümers Harald Ehlert
war der Marktwert der Obdachloseneinrichtung auf null gesunken. Am Mittwoch
übergab der vorläufige Insolvenzverwalter dem neuen Besitzer den Betrieb
mit zuletzt rund 400 Klienten und 100 Mitarbeitern daher ohne
Verkaufserlös. Dafür sollen alle Arbeitsplätze erhalten und die einst
obdachlosen Klienten vor der Rückkehr auf die Straße bewahrt werden.
Mitte November hatte die Treberhilfe Insolvenz angemeldet. Auf 4,5
Millionen Euro beliefen sich zu diesem Zeitpunkt die Schulden der
gemeinnützigen GmbH. Seit vier Monaten waren Gehälter nicht mehr bezahlt
worden; die Mietschulden für den Wohnungspool beliefen sich auf 1,6
Millionen Euro. "Ich hatte in meiner 20-jährigen Laufbahn nur einen
derartig dramatischen Fall", sagte der vorläufige Insolvenzverwalter
Christian Köhler-Ma am Mittwoch. Weil die Insolvenz so spät beantragt
wurde, drohte allen erwachsenen und jugendlichen Klienten der Treberhilfe
die Räumung, den Mitarbeitern die Entlassung. Die Übernahme durch den
evangelischen Diakonieverein wurde deshalb binnen wenigen Tagen über die
Bühne gebracht.
Der 1894 als Schwesternschaft gegründete, bundesweit tätige Diakonieverein
war bislang vor allem in der Kranken- und Altenpflege tätig. Er übernimmt
nur den operativen Betrieb der Treberhilfe und führt ihn in einer neu
gegründeten GmbH namens "Neue Treberhilfe" fort. Als Geschäftsführer soll
der Wirtschaftsprüfer Ludger Westrick die Treberhilfe aus der Krise führen.
"Ich freue mich darauf, die Helfenskultur der Treberhilfe mit der soliden
Basis der Schwesternschaft zu verschränken", sagte Westrick. Er habe schon
viele diakonische Betriebe vor dem Aus bewahrt. Ab dem 1. Dezember sollen
alle Mitarbeiter wieder Gehalt bekommen und die Vermieter ihre Mieten. Die
Senatsverwaltungen für Jugend und Soziales, die die Treberhilfe mit ihren
Zuschüssen finanzieren, hätten in ersten Gesprächen bereits ihre
Unterstützung signalisiert, so Westrick.
Über den Rest des Treberhilfe-Vermögens soll am heutigen Donnerstag das
Insolvenzverfahren eröffnet werden. Das betrifft vor allem die fünf
Immobilien- unter anderem jene Villa am Schwielowsee, in der Alteigentümer
Harald Ehlert noch immer zur Miete wohnt. Der Insolvenzverwalter will die
Immobilien verkaufen, um die Millionenschulden der Treberhilfe zu bedienen.
Die Krise der Treberhilfe hatte begonnen, als bekannt wurde, dass Ehlert
ein sechsstelliges Jahresgehalt erhielt und einen Maserati als Dienstwagen
fuhr. Nach der Affäre hatte er sich offiziell als Geschäftsführer
zurückgezogen, blieb aber Teilhaber der Treberhilfe. Gegen die seitdem
regelmäßig ausgetauschten Geschäftsführer werde die Staatsanwaltschaft
vermutlich wegen Insolvenzverschleppung ermitteln, sagte Köhler-Ma.
Schließlich sei die gesetzliche Insolvenzantragspflicht von drei Wochen
"ganz offensichtlich überschritten" worden.
Aber auch Harald Ehlert ist nicht aus dem Schneider. "Das ganze Unternehmen
kann bezeugen, dass er die Geschäfte weitergeführt hat", so Köhler-Ma. Bis
zuletzt habe Ehlert mit mehr als 20.000 Euro monatlich auf der Gehaltsliste
der Treberhilfe gestanden und hafte gegebenenfalls für nach der
Zahlungsunfähigkeit getätigte Geschäfte.
Von den Mitarbeitern der Treberhilfe war bis Mittwoch kaum etwas
Offizielles zu hören. Zu groß war der interne Druck. Betriebsratschef Ralf
Bittner, der zuletzt 15-Stunden-Schichten schob, hofft nun auf ruhigere
Zeiten. "Seit Sommer war es die Hölle", sagt auch Rosemarie Scholz, seit 20
Jahren Sozialarbeiterin bei der Treberhilfe. Täglich hätten die Mitarbeiter
damit gerechnet, dass es zu Ende geht.
René Ronneberger, frisch gebackener Bereichsleiter Soziales bei der Neuen
Treberhilfe, sieht die Übernahme durch den kirchlichen Verein mit einem
lachenden und einem weinenden Auge. "Eine Vierteljahrhundert alte
Treberhilfe geht damit zu Ende", sagte er der taz. "Aber das Wichtigste
ist, dass alle Mitarbeiter bleiben und endlich wieder ordentlich arbeiten
können."
30 Nov 2011
## AUTOREN
Manuela Heim
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