# taz.de -- Neuer Präsident des DFB: Die interne Lösung | |
> DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach soll DFB-Präsident werden. In | |
> knapp einem Jahr tritt der 61-Jährige das Erbe des amtsmüden Theo | |
> Zwanziger an. | |
Bild: An der Seite der Macht: Wolfgang Niersbach (r.) sucht die Nähe zur Kanzl… | |
FRANKFURT taz | Gleich am Empfang beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) steht | |
seit Tagen ein mit roten und silbrigen Kugeln behängter Tannenbaum. Als | |
Wolfgang Niersbach am Mittwoch zur Mittagszeit die große Treppe aus der | |
Bibliothek nahm, da schaute der DFB-Generalsekretär auch kurz zur | |
Ahnentafel im Gang, an der hinter Plexiglas die bisherigen zehn | |
DFB-Präsidenten hängen. Hier wird bald auch Niersbachs Konterfei | |
hinzugefügt. | |
Die Sitzung mit den fünf Vertretern der Regionalverbände und weiteren | |
Mitgliedern des DFB-Präsidiums brachte das erwartete Ergebnis: Niersbach | |
tritt als einziger Kandidat für das Präsidentenamt auf einem | |
außerordentlichen DFB-Bundestag am Oktober 2012 an. "Das war nicht meine | |
Lebensplanung und mein Lebensziel", sagte der aufgeräumt wirkende | |
61-Jährige. "Ich traue es mir zu, mit meinen Stärken dieses Amt | |
auszufüllen. Es sind ein Stück andere als die, die insbesondere Theo | |
Zwanziger gehabt haben." | |
Die Weichen dafür wurden bereits am Sonntag in einem Dreiergespräch mit | |
Amtsinhaber Zwanziger, 66, und dessen ursprünglich auserkorenem | |
Wunschkandidaten Erwin Staudt, 63, gestellt. Staudt erklärte dabei seine | |
Bereitschaft für einen Rückzug, sofern Niersbach kandidieren würde. "Meine | |
letzten Nächte waren kurz, das gebe ich zu. | |
Noch am Sonntag war ich total unentschlossen", verriet Niersbach, der am | |
Dienstag um 22.30 Uhr telefonisch bei Zwanziger zusagte. Er habe deshalb | |
tagelang geschwiegen, weil er sich DFB-intern erst die Rückendeckung der | |
Amateurvertreter einholen wollte. Die sicherte ihm mit Hermann Korfmacher | |
der DFB-Vizepräsident Amateure dann zu: "Eine so kompetente Persönlichkeit | |
kann sicher sein, dass sie die Loyalität der Amateure genießt." | |
## "Dieser Job ist eine Ehre" | |
Niersbach erfüllt deren Grundvoraussetzung: Er wird wie alle Vorgänger | |
ehrenamtlich tätig sein, seinen Vertrag als hauptamtlich Angestellten | |
auflösen und stattdessen eine Aufwandsentschädigung (über 100.000 Euro) | |
erhalten, mit der sich indes dem Vernehmen auch gut leben lässt. Zu | |
finanziellen Einbußen behauptete Niersbach grinsend: "Dieser Job ist eine | |
Ehre." | |
Seine erste Tätigkeit erhielt der frühere Chef des | |
Sport-Informations-Dienstes 1988 noch unter der Ägide von Hermann | |
Neuberger, der ihn als Pressechef installierte. In verschiedensten | |
Funktionen hat Niersbach hernach unter Egidius Braun, Gerhard-Mayer | |
Vorfelder und nun dem mitunter merkwürdig gequält lächelnden Zwanziger | |
gedient; er kennt fast jeden und jede der 210 Angestellten in der | |
Otto-Fleck-Schneise 6 im Frankfurter Stadtwald. "Ich habe gewaltigen | |
Respekt, aber auch genug Selbstvertrauen für diese Aufgabe." | |
Der Pragmatiker will seine Aufgabe als allürenfreier Mannschaftsspieler | |
("Der Präsident sollte kein Solist sein. Er ist mehr Kapitän") angehen, und | |
dabei diene ihm sein jahrelanger Unterstützter Franz Beckenbauer "als | |
Vorbild". Niersbach: "Franz ist ein echter Freund, der immer ein Lächeln | |
auf den Lippen hat." Ihn in der Halbzeitpause des WM-Endspiels 1990 erlebt | |
zu haben sei prägend gewesen. | |
Mit dem gebürtigen Düsseldorfer ("Ich bin Ehrenmitglied des Prinzenclubs | |
der Landeshaupt") ist an der Verbandsspitze ein Paradigmenwechsel | |
verbunden. Wenn Niersbach neben dem ihm sehr vertrauten Profibereich ("Über | |
Karl-Heinz Rummenigge habe ich Bücher geschrieben, Nationalspieler wie | |
Völler, Allofs, Nerlinger oder Bobic sind Freunde geworden") auch 6,7 | |
Millionen Mitglieder in 26.000 Vereinen repräsentieren will, dann muss er | |
sich gesellschaftlichen und sozialen Aufgaben zumindest teilweise in jener | |
Form stellen, wie es Zwanziger teilweise rhetorisch geschickt und oft auch | |
leidenschaftlich tat. Einerseits. | |
Andererseits steht ein Präsident, der nun weniger selbstverliebt und | |
selbstgerecht referiert, dem größten Sportverband der Welt auch nicht | |
schlecht zu Gesicht. "Als Mensch werde ich mich nicht verändern. Ich will | |
weiter in meiner Dorfkneipe ein Bier trinken." | |
8 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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