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# taz.de -- DFB sucht neuen Präsidenten: Böse auf die Bayern
> Theo Zwanziger hat den Verband mit seiner Rücktrittsankündigung
> aufgescheucht. Generalsekretär Niersbach gilt als Favorit für die
> Nachfolge im DFB-Präsidium.
Bild: Auch im Schatten des Kaisers: der mögliche Nachfolger Niersbach.
Rückzugsgebiete sind rar geworden für Theo Zwanziger. Vielleicht deshalb
hat der Topfunktionär des deutschen Fußballs am Wochenende zum wiederholten
Male die Fußballerinnen des 1. FFC Frankfurt in ihrem putzigen Stadion am
Brentanobad in Frankfurt-Rödelheim besucht. Dort kann der 66-Jährige im
Vereinsheim fast unbehelligt ein Stück Kuchen essen, alte Bekannte klopfen
ihm auf die Schulter und wenn der Stadionsprecher seinen Namen verkündet,
applaudieren die Menschen artig.
In der Wohlfühlatmosphäre hat der 66-Jährige am Sonntag gesagt, dass er mit
sich "absolut im Reinen" sein, was seine überraschende Rücktrittsverkündung
auf der Präsidiumssitzung und Jahresabschlussfeier am Freitagabend angehe.
Doch am Montag ist auch Zwanziger gewahr geworden, dass der DFB durch seine
Demission mal wieder in schwere Turbulenzen gerät.
Denn in der Zentrale in der Otto-Fleck-Schneise wabert die
Nachfolgediskussion durch die Gänge, und dahinter steckt ein Machtkampf
zwischen dem Boss und seinem Präsidium - ein mittlerweile wegen zahlreicher
Indiskretionen von Misstrauen geprägtes Verhältnis. Am Mittwoch nun beraten
das zwölfköpfige Präsidium sowie die Vorsitzenden der Regional- und
Landesverbände über die Nachfolge von Zwanziger.
## Niersbach gilt als verlässlicher Gestalter
Der hat mit Erwin Staudt, dem früheren IBM-Chef und Expräsidenten des VfB
Stuttgart, seinen Wunschkandidaten kontaktiert. Der Wirtschaftsliberale
empfindet das als ehrenvoll; der 63-Jährige fühlt sich nach eigener Aussage
an den Schnittstellen von Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft am
wohlsten.
Doch der Zwanziger-kritische Teil des Präsidiums will lieber Wolfgang
Niersbach an der Spitze installieren. Der von Zwanziger degradierte
Vizepräsident Rainer Koch, Präsident des Bayrischen Fußball-Verbands, hat
ebenso wie DFL-Chef Reinhard Rauball keine Ambitionen.
Innerhalb der divergierenden Interessen scheint der amtierende
Generalsekretär für viele die beste Lösung: Niersbach gilt als
verlässlicher Gestalter und glänzender Strippenzieher, genießt bei Fifa und
Uefa, vor allem aber bei der Nationalmannschaft, der Bundesliga und den
DFB-Geldgebern allergrößtes Ansehen.
Dafür hat der gebürtige Düsseldorfer mit dem Meinungsmacher Franz
Beckenbauer den wohl wichtigsten Fürsprecher und einen echten Freund im
Rücken - beide haben gemeinsam die WM 2006 organisiert. Nur logisch, dass
Beckenbauer sagt, Niersbach sei der Beste. Der einstige DFB-Pressesprecher
und frühere Agenturjournalist Niersbach, der derzeit ein ordentliches
sechsstelliges Gehalt beziehen soll, müsste dann aber besser entlohnt
werden als bisherige DFB-Präsidenten, die offiziell immer noch im Ehrenamt
tätig sind und lediglich eine Aufwandsentschädigung erhalten.
## Öffentlich von den Bayern gerügt
Pikant in diesem Zusammenhang, dass der Kaiser eine ursächliche
Verantwortung für Zwanzigers Rückzug trägt. Der räumte ein, dass er den Job
im Fifa-Exekutivkomitee "nur schweren Herzens" angenommen habe. "Franz
Beckenbauer hat damals gesagt, dass er sich mehr um seine Kinder kümmern
wolle."
Dass ihn anschließend "nach der schrecklichen Katar-Geschichte" (Zwanziger
zur WM-Vergabe 2022) ausgerechnet die Bayern-Fraktion um Uli Hoeneß und
Karl-Heinz Rummenigge öffentlich dafür rügte, sich nicht gegen Fifa-Boss
Sepp Blatter und sein System zu stellen, tat ihm in der Seele weh.
Zwanziger: "Blatter hat uns die WM 2006 und auch die Frauen-WM gegeben, und
ich war neu in diesem Gremium, und diese Leute erwarteten, dass ich auf
Konfrontation gehe."
Attacken wie jene von Hoeneß und Rummenigge nagen an dem nach
Aufmerksamkeit und Anerkennung dürstenden Juristen aus Altendiez genauso
wie die unendliche Affäre um den rachesüchtigen Manfred Amerell, der
bereits die nächste Fehde entfacht hat. Wie die Frankfurter
Staatsanwaltschaft mitteilte, hat der frühere Schiedsrichterobmann
Strafanzeige gegen Zwanziger gestellt. Es gehe um den Vorwurf, "dass
mehrere Personen im Rechtsstreit Amerells mit dem Schiedsrichter Michael
Kempter vom DFB bezahlt worden seien." Immerhin blieb dem Verband am Montag
noch die Zeit, diesen Vorwurf zu dementieren.
5 Dec 2011
## AUTOREN
Frank Hellmann
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