# taz.de -- Kommentar Frühchen-Tode: Das finale Übel liegt anderswo | |
> Wenn sich Pfleger und Schwestern die zur Hygiene nötige Zeit nehmen | |
> könnten, ließen sich wahrscheinlich viele Todesfälle verhindern. | |
Bild: Dieses Frühchen genießt in Münster die Nähe zu seinem Vater. | |
Nüchtern und akribisch ist nun dargelegt, wo beim Frühchen-Skandal | |
geschlampt wurde. Die Eltern des letzten toten Frühgeborenen hatten dies | |
nicht abgewartet. Sie nannten die Verlegung ihres Kindes in eins der | |
kommunalen Bremer Krankenhäuser ein "Todesurteil". Verdenken können wird | |
ihnen das niemand. | |
Die jetzt juristisch ausgeleuchteten Versäumnisse dürften als finales Übel | |
beim Frühchen-Skandal konsensfähig sein. Aber eine solche Einigung | |
verstellt zugleich den Blick. Denn alles, was auf dem Weg zwischen Labor | |
und Senatorin verschlampt, verzögert oder vielleicht sogar verheimlicht | |
wurde, es wäre womöglich gar nicht in die Welt gekommen - wenn das | |
Krankenhauspersonal eine einfache Sache gehabt hätte: mehr Zeit, zum | |
Händewaschen beispielsweise. | |
Nach allem, was man weiß, sind Krankenhauskeime vorerst nicht aus der Welt | |
zu schaffen. Ihre Verbreitung nimmt eher zu, ebenso wie die Resistenzen | |
durch übermäßigen Antibiotika-Gebrauch. Vergleichsweise leicht zu | |
beeinflussen ist hingegen der Personalstand in den Kliniken. | |
Ob eine Beachtung aller Vorschriften die drei toten Babys in Bremen | |
gerettet hätte, kann niemand sagen. Dass der Tod weiterer mit | |
Krankenhauskeimen Infizierter verhütet wird, wenn die Pfleger und | |
Schwestern sich die zur Hygiene nötige Zeit nehmen könnten, ist auch nicht | |
sicher. Aber sehr wahrscheinlich. | |
20 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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