# taz.de -- Aufstand in Syrien: Attentate in Damaskus | |
> Selbstmordattentäter töten Dutzende Menschen in Damaskus vor Gebäuden der | |
> Sicherheitskräfte. Das Regime beschuldigt nicht die syrische Opposition, | |
> sondern al-Qaida. Beweise gibt es nicht. | |
Bild: Noch lächeln Vater Diktator und sein Nachfolger von der Fassade der Part… | |
DAMASKUS dpa | Bei den ersten Selbstmordanschlägen in der syrischen | |
Hauptstadt Damaskus seit Beginn der Massenproteste sind bis zu 50 Menschen | |
getötet worden. Diese Zahl nannten Mitarbeiter von Krankenhäusern am | |
Freitag der Nachrichtenagentur dpa. In einer ersten Reaktion machte die | |
Führung um Präsident Baschar al-Assad die Terrororganisation al-Qaida für | |
die Explosionen verantwortlich. In Damaskus nahm zugleich ein Vorausteam | |
für die Beobachtermission der Arabischen Liga seine Arbeit auf. | |
Nach offiziellen syrischen Angaben wurden bei den Attacken auf Gebäude der | |
Sicherheitskräfte und des Geheimdienstes rund 100 Menschen verletzt. Die | |
syrischen Staatsmedien berichteten im Tagesverlauf offiziell von mindestens | |
40 Toten. Zwei Attentäter hätten sich in ihren Fahrzeugen in die Luft | |
gesprengt. | |
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana verbreitete Aufnahmen, die | |
verstümmelte Leichen, ausgebrannte Fahrzeuge sowie beschädigte Gebäude | |
zeigten. Die meisten Toten seien Zivilisten gewesen, erfuhr dpa von den | |
Behörden. Der Zustand vieler Verletzter wurde als kritisch bezeichnet. | |
Das syrische Fernsehen berichtete unter Berufung auf Regierungsmitarbeiter, | |
dass nach ersten Untersuchungen das Terrornetzwerk al-Qaida hinter den | |
Anschlägen stecke. Für diese Behauptung wurden keine Beweise geliefert. | |
Eine unabhängige Überprüfung der Vorgänge im autoritär regierten Syrien ist | |
nicht möglich. | |
Die sunnitische Terrororganisation al-Qaida steht im Verdacht, gezielt | |
Anschläge gegen Schiiten zu verüben. Der syrische Präsident Assad zählt zur | |
Minderheit der Alawiten, die vom schiitisch geprägten Iran unterstützt | |
werden. al-Qaida hatte Syrien bislang als Transitland für Anschläge im | |
Nachbarland Irak genutzt. | |
Erst am Vortag hatte die Arabische Liga eine Mission gestartet, die das | |
seit März andauernde Blutvergießen in Syrien beenden sollte. Das | |
Assad-Regime geht seit Monaten gewaltsam gegen Oppositionsproteste vor. | |
Die Organisation schickte am Donnerstag ein erstes Team von zwölf | |
Diplomaten und Experten nach Damaskus, um eine größere Beobachtermission | |
vorzubereiten. Die soll ab Ende Dezember den Abzug der Armee aus den | |
Städten und die Freilassung von Regimegegnern überwachen. Laut syrischem | |
Staatsfernsehen besuchte das Team am Freitag die beiden Tatorte. | |
Oppositionelle halten die Initiative der Arabischen Liga für sinnlos oder | |
gar für schädlich. Über die Internetplattform Facebook riefen Aktivisten | |
daher am Freitag unter dem Motto "Protokoll des Todes, eine Lizenz zum | |
Töten" zu landesweiten Demonstrationen gegen die Mission auf. Die | |
Einwilligung des Assad-Regimes, Beobachter der Liga ins Land zu lassen, | |
sehen sie als Ablenkungsmanöver. Damit wolle die Regierung lediglich | |
verhindern, dass sich der UN-Sicherheitsrat mit der Krise befasse, hieß es. | |
Die Opposition will erreichen, dass der Weltsicherheitsrat so genannte | |
Schutzzonen im Grenzgebiet zur Türkei einrichtet, in dem Deserteure und | |
Oppositionelle Zuflucht nehmen können. Ein syrischer Aktivist sagte der dpa | |
in Beirut, dass das Blutvergießen nur beendet werden könne, wenn sich das | |
mächtigste Gremium der Vereinten Nationen einschalte. | |
Im Zentrum und im Nordwesten des Landes waren nach Oppositionsangaben in | |
der Nacht zum Freitag erneut sechs Menschen getötet worden. In den | |
Oppositionshochburgen Homs und Idlib hätten sich Regierungstruppen und | |
Deserteure aus der syrischen Armee heftige Gefechte geliefert. | |
Nach UN-Schätzungen starben seit Beginn der Proteste gegen Assad im März | |
mehr als 5000 Menschen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana | |
berichtete indes, dass bisher mehr als 2000 Sicherheitskräfte getötet | |
worden seien. Wegen der Medienblockade sind Berichte aus Syrien von | |
unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen. | |
23 Dec 2011 | |
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