# taz.de -- Wechsel der EU-Ratspräsidentschaft: Dänische Brücken für Europa… | |
> Nichts mehr Merkozy: Nach dem Willen der Regierung in Kopenhagen sollen | |
> auch kleine EU- und Nicht-Euro-Länder von der dänischen | |
> EU-Ratspräsidentschaft profitieren. | |
Bild: EU-Ratspräsidentin für das erste Halbjahr 2012: Die dänische Ministerp… | |
STOCKHOLM taz | "Bridge over troubled waters" wolle Dänemark sein, wenn es | |
am 1. Januar 2012 für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, | |
kündigt Europaminister Nicolai Wammen an. Das Bild dürfte treffend die | |
Aufgabe beschreiben, vor der Dänemark stehen wird, nachdem die Eurokrise | |
tiefe Gräben innerhalb der EU aufgerissen hat. | |
Wie das Gespann Merkel/Sarkozy glaubte, kleine EU- und Nicht-Euro-Länder in | |
den letzten Monaten einfach überfahren zu können, musste die dänische | |
Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt am eigenen Leib erfahren, als | |
sie beim nächtlichen EU-Gipfel am 8. und 9. Dezember vorsichtige Einwände | |
erheben wollte und laut nicht dementierter Medienberichte von Nicolas | |
Sarkozy abgebügelt wurde mit den Sätzen: "Ihr steht außerhalb. Ihr seid ein | |
kleines Land, und ihr seid neu. Wir wollen nichts von euch hören." | |
Doch die Linie der Ministerpräsidentin bei dem Gipfel, die 17 Euro- und die | |
10 Nicht-Euro-Staaten möglichst zusammenzuhalten, werde auch oberstes Ziel | |
der dänischen Ratspräsidentschaft sein, kündigt Kopenhagens EU-Botschafter | |
Jeppe Tranholm-Mikkelsen an: "Gerade angesichts der schlimmsten Krise der | |
EU glauben wir an das Europa der 27." | |
Eigentlich hatte Dänemark andere Prioritäten. Die Vision eines grünen | |
Europa, das mit umfassenden Investitionen in den Energie- und | |
Infrastruktursektor die Voraussetzungen dafür schafft, eine Senkung der | |
CO2-Emissionen zu erreichen. Und Gleichstellungsfragen. | |
## Kopenhagen soll auch EU-Langzeitbudget vorbereiten | |
Diese Themen werden nun vermutlich an den Rand gedrängt. Schließlich soll | |
Kopenhagen auch die Grundlagen für das EU-Langzeitbudget 2014-20 | |
vorbereiten, damit dies unter der Präsidentschaft des noch unerprobten | |
EU-Landes Zypern im zweiten Halbjahr 2012 unter Dach und Fach gebracht | |
werden kann. | |
Wie 2002, als Dänemark zuletzt den EU-Vorsitz hatte und die Endphase der | |
Osterweiterung auf der Tagesordnung stand, stehen auch jetzt wieder | |
Beitrittsverhandlungen an. Die mit Island könnten schon weitgehend | |
abgeschlossen werden, und den schon länger festgefahrenen Verhandlungen mit | |
der Türkei würde Kopenhagen gern neues Leben einhauchen. | |
Thorning-Schmidt dürfte damit den nächsten Konflikt mit Sarkozy | |
heraufbeschwören, denn sie betont: "Wir wollen verwirklichen, was wir der | |
Türkei versprochen haben, und das ist eine Fortsetzung des | |
Beitrittsprozesses." | |
## EU-Gegner wollen auf Bedrohung der Demokratie hinweisen | |
Neben dem offiziellen Kopenhagen bereitet sich auch die Anti-EU-Bewegung | |
auf das "dänische Halbjahr" vor. "Unser Fokus wird die ökonomische Krise | |
der EU sein und die Vertragsveränderungen, die Deutschland und Frankreich | |
anstreben", sagt Rina Ronja Kari, Sprecherin der "Folkebevægelsen mod EU": | |
"Wir wollen bewusst machen, wie die EU die Demokratie bedroht, indem sie | |
sich mehr Macht über die Budgets und Volkswirtschaften der Mitgliedsländer | |
anmaßt." | |
Deshalb wollen EU-Kritiker beim Ecofin-Gipfel der Wirtschafts- und | |
Finanzminister am 29. März in Kopenhagen auf die Straße gehen. Mit anderen | |
Organisationen hat die "Volksbewegung" eine "alternative | |
Präsidentschaftstagesordnung" erarbeitet, die von einem sozialen Protokoll | |
über Forderungen nach mehr Klimaschutz bis zu Demokratisierungsvorschlägen | |
reicht. | |
30 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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