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# taz.de -- Wohnungsnot: Touristen verdrängen Mieter
> Der Verein "Mieter helfen Mietern" will Wohnungseigentümer anzeigen, die
> unter der Hand Wohnungen an Touristen vermieten. Er geht von 1.500 Fällen
> aus.
Bild: Wird durch Vermietungen an die Touristen noch schwieriger: die Wohnungssu…
HAMBURG taz | Als Geschäftsführerin des Vereins Mieter helfen Mietern (MHM)
hat Sylvia Sonnemann schon von vielen Mieterproblemen gehört. Aber dieses
Phänomen war ihr neu. In einem Beratungsgespräch berichtete ihr eine Frau
von ständig wechselnden Nachbarn in ihrem Haus. Diese blieben nur wenige
Tage in der Wohnung und rollten dann mit ihren Koffern Richtung Flughafen.
Die Wohnung war als Ferienwohnung vermietet worden. Kein Einzelfall ist
das, fand der Verein heraus. Etwa 1.500 Feriendomizile in Hamburg seien
eigentlich Privatwohnungen - nach dem Hamburger Wohnraumschutzgesetz ist
das verboten.
Urlauber in privaten Ferienwohnungen brächten Lärmbelästigung und Unruhe,
und sie verschärften die Wohnungsnot in Hamburg, kritisiert der
Mieterverein. Er hat seine Mitglieder aufgerufen, private Ferienwohnungen
bei ihm zu melden. Bisher habe es etwa 50 Hinweise aus der Bevölkerung
gegeben, sagt der Mieteranwalt des Vereins, Marc Meyer. Gemeinsam mit den
Ferienwohnungen, die dem Verein bereits bekannt sind, würden diese nun beim
zuständigen Fachamt angezeigt.
"Das Wohnraumschutzgesetz der Stadt regelt, dass Wohnflächen nicht
zweckentfremdet werden dürfen", sagt Anwalt Meyer. Weil Wohnungsnotstand
herrsche, sei das Vermieten von Eigentums- und Mietwohnungen an Touristen
verboten. Im Extremfall müssen Vermieter mit Bußgeldern von bis zu 50.000
Euro rechnen.
Dass private Ferienwohnungen in Hamburg einen Verstoß gegen die
Zweckentfremdungsverordnung darstellen, ist für den Vorsitzenden des
Grundeigentümerverbandes, Heinrich Stüven, "klar und eindeutig". Vom Aufruf
des Mietervereins, Ferienwohnungen der Nachbarn anzuzeigen, hält er
trotzdem nichts. "Wir sind der Meinung, dass Denunziationen eher ein
gesellschaftliches Problem aus einer vergangenen Epoche sind", sagt Stüven.
Berücksichtige man, dass Vermieter ihre Wohnungen auf mehreren
Ferienwohnungsportalen gleichzeitig anbieten, wäre die Zahl von 1.500
Ferienwohnungen hinfällig, die Anzahl der betroffenen Wohnungen
verschwindend gering. "Es ist sinnvoller, Wohnungsbau zu betreiben, als
Scheingefechte auf dem Wohnungsmarkt anzuzetteln", sagt er.
Marc Meyer widerspricht dem. "Private Ferienwohnungen geraten immer mehr in
Mode", sagt er. Die Mehrfacheinträge auf den Ferienwohnungsportalen habe
man bei der Untersuchung berücksichtigt. Sylvia Sonnemann beruhigt
verängstigte Vermieter: "Bei unserer Aktion geht es uns nicht um ältere
Damen, die ihr Wohnzimmer untervermieten oder um einen Wohnungstausch in
den Sommerferien." Angezeigt werden würden nur diejenigen, die komplette
Wohnungen gewinnbringend an Touristen vermarkten.
Trotzdem sorgt die Ankündigung des drastischen Vorgehens durch den
Mieterverein für Schrecken unter Vermietern. Bei Marc Meyer gab es bereits
Anrufe von besorgten Besitzern, und aus Ferienwohnungsportalen im Internet
wurden Angebote gelöscht.
Nicht alle Hamburger haben Verständnis für die Aktion des Mietervereins. In
einem Leserbrief im Hamburger Abendblatt schreibt ein Leser, Touristen als
Nachbarn seien ihm lieber als Dauermieter, die jeden Tag Randale machten.
Ein anderer freut sich, dass sich durch die Touristen die Probleme mit
"Hartz-IV-Empfängern und Studenten" in der Nachbarwohnung erledigt hätten.
2 Jan 2012
## AUTOREN
Lina Sulzbacher
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