# taz.de -- Turbo-Abi bleibt: Begehren scheitert | |
> 250.000 Unterschriften sind nicht genug: Das Volksbegehren für die | |
> Rücknahme des Turbo-Abis in Niedersachsen hat das Quorum nicht erreicht. | |
Bild: Zu leise: Volkes Stimme in Niedersachsen. | |
HANNOVER taz |Das Aus des "Volksbegehrens für gute Schulen" in | |
Niedersachsen werten alle beteiligten Seiten als Erfolg: Die 250.000 | |
gesammelten Unterschriften verbuchen InitiatorInnen wie Opposition als | |
Bestätigung ihrer Forderungen. Und selbst das Kultusministerium - gegen | |
dessen Schulpolitik sich das Volksbegehren richtet - sieht sich in seiner | |
Linie bestärkt. | |
608.000 Unterschriften - die Stimmen von zehn Prozent aller | |
Wahlberechtigten - brauchen Volksbegehren in Niedersachsen. Bis Sonnabend | |
läuft das "Volksbegehren für gute Schulen" noch. Das Aus steht allerdings | |
jetzt schon fest: Bislang sind weniger als die Hälfte der erforderten | |
Stimmen gesammelt worden. Im Herbst 2009 hatten die InitiatorInnen als | |
Reaktion auf die Einführung des sogenannten Turbo-Abis in zwölf Jahren | |
durch die schwarz-gelbe Landesregierung mit ihrer Unterschriftensammlung | |
begonnen. Ihre Forderungen: Rücknahme des Turbo-Abis und Erleichterungen | |
bei Gesamtschulgründungen. | |
Nach dem Scheitern äußern sich die InitiatorInnen zwar "enttäuscht". Für | |
Sprecherin Andrea Hesse ist das Ergebnis dennoch ein "Beleg dafür, dass die | |
Ziele des Volksbegehrens auf Akzeptanz stoßen". Landesweit hätten mehr als | |
vier Prozent aller Wahlberechtigten unterschrieben. Das hohe Quorum für | |
Volksbegehren von zehn Prozent sei in einem Flächenland wie Niedersachsen | |
allerdings kaum zu erreichen. "Insbesondere dann, wenn man nur über ein aus | |
Kleinspenden gespeistes Budget verfügt", sagt Hesse. | |
"Nicht wirklich überrascht" habe ihn der Ausgang des Volksbegehrens, ließ | |
derweil Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) über eine Sprecherin | |
verlauten. Er bewerte das Aus als "Bestätigung der richtigen | |
Weichenstellungen in der Bildungspolitik in Niedersachsen in den letzten | |
Jahren". Eine Lesart, die die Opposition entschieden zurückweist. SPD, | |
Grüne und Linksfraktion hatten das Volksbegehren in den vergangenen | |
zweieinhalb Jahren stets unterstützt. | |
"Mutig" findet etwa die SPD-Bildungspolitikerin Frauke Heiligenstadt | |
Althusmanns Interpretation. "Über eine Viertelmillion Unterschriften kann | |
man nicht einfach weggehen", sagt sie. Die Zahl belege vielmehr, wie groß | |
die Unzufriedenheit über die aktuelle Bildungspolitik sei. "Der Wunsch | |
vieler Eltern nach einer Schule, die ihren Kindern alle Bildungswege | |
offenhält, kann von der Landesregierung nicht auf Dauer ignoriert werden", | |
sagt auch die Grünen-Bildungspolitikerin Ina Korter. | |
Für die Linksfraktion belegt das Aus vor allem, dass die Zehn-Prozent-Hürde | |
für Volksbegehren "utopisch" sei und "Niedersachsen ein Feind der direkten | |
Demokratie", erklärt deren bildungspolitische Sprecherin Christa | |
Reichwaldt. Sie fordert, die Hürde auf fünf Prozent wie in anderen Ländern | |
auch zu senken. Die Landtagsgrünen haben einen Gesetzentwurf, der eben das | |
vorsieht, bereits im April vorgelegt. | |
10 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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