# taz.de -- Weiter Unklarheit über die Führung der Linken: Personal bleibt Ch… | |
> Der Vorstand hat beschlossen: Die Basis darf nicht mitentscheiden. Aus | |
> rechtlichen Gründen wird die Parteispitze der Linken von oben bestimmt. | |
Bild: Die Basis kann abstimmen. Aber nicht in der Führungsfrage. | |
BERLIN taz | Die Linke wird bis auf Weiteres keine Klarheit darüber haben, | |
wer ab Juni die Partei führt. Am Donnerstagabend hat der Geschäftsführende | |
Vorstand einen Antrag auf Mitgliederbefragung zur Zusammensetzung der | |
nächsten Parteispitze mit sechs zur vier Stimmen bei einer Enthaltung | |
zurückgewiesen. | |
Angesichts mehrerer Wahlschlappen und sinkender Umfragewerte diskutiert die | |
Linkspartei seit Monaten über ihre Führung und deren Neubesetzung. Die | |
derzeitige Vorsitzende Gesine Lötzsch hatte gleich nach dem | |
Programmparteitag Ende Oktober bekannt gegeben, für eine weitere | |
zweijährige Amtszeit antreten zu wollen. Koparteichef Klaus Ernst, der die | |
Idee des Mitgliederentscheids aufgebracht hatte, hat sich noch nicht | |
entschieden. | |
Einziger weiterer Kandidat ist bisher der stellvertretende Vorsitzende der | |
Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch. Der Mitgliederentscheid war von vier | |
Landesverbänden befürwortet worden, die jetzt versuchen wollen, beim | |
nächsten Parteitag eine Satzungsänderung durchzusetzen. Diese würde | |
allerdings erst für die übernächste Vorstandswahl 2014 gelten. | |
Der Geschäftsführende Vorstand, bei dessen Sitzung 11 von 12 Mitgliedern | |
anwesend waren, berief sich bei seiner Entscheidung auf ein juristisches | |
Gutachten des Parteienrechtlers Martin Morlok, laut dem eine | |
Mitgliederbefragung sowohl gegen das Parteiengesetz als auch gegen die | |
Satzung der Linkspartei verstoßen würde. | |
## "Psychoanalytische Diskussionen" | |
Der Vorstand habe sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen und | |
"festgestellt, dass der Antrag nicht zulässig ist", heißt es in einer | |
Erklärung. Man wolle aber dem Parteitag im Juni eine Satzungsänderung | |
vorschlagen, "die den Mitgliedern künftig eine Beteiligung bei | |
Personalfragen ermöglicht". | |
Die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch hat sich bei der Abstimmung am | |
Donnerstag enthalten, "weil ich durch die Bekanntgabe meiner Kandidatur | |
selbst ,Betroffene' bin", sagte sie der taz. Für die künftige | |
Mitgliederbeteiligung gebe es neben der angedachten Satzungsänderung auch | |
die Idee, bis zum Parteitag im Juni Regionalkonferenzen durchzuführen, wo | |
sich die Kandidaten für den Parteivorsitz mit ihren Konzepten vorstellen, | |
sagte Lötzsch. | |
"Wir müssen als Partei jetzt unser Programm umsetzen, um mit unseren Themen | |
Mindestlohn, Rente, Rückgewinnung von öffentlichem Eigentum und | |
Friedenspolitik wahrgenommen zu werden", so Lötzsch. Es reiche nicht, wenn | |
weiter über die Verträglichkeit von Personen diskutiert werde. "Diese | |
psychoanalytischen Diskussionen bringen uns von unserem Kurs ab." | |
## Aufbruchsignal aus Göttingen | |
Fraktionsvize Dietmar Bartsch sagte über die Entscheidung des | |
Parteivorstandes: "Ich nehme sie zur Kenntnis und will das nicht bewerten." | |
Ein Mehr an Mitgliederbeteiligung begrüßte er. "Jetzt sollten wir den | |
Parteitag in Göttingen politisch und personell so vorbereiten, dass wir von | |
dort ein Aufbruchsignal senden." Bartsch riet allen, "das Ergebnis nicht | |
rechtlich anzufechten. Wir müssen zurück zur Politik." | |
Die Befürworter der Mitgliederbefragung in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, | |
Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein akzeptierten denn auch am Freitag die | |
Entscheidung des Bundesvorstands. Der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern | |
behält sich aber vor, in dieser Angelegenheit die Bundesschiedskommission | |
anzurufen - allerdings nur, um rechtliche Klarheit über eine | |
Satzungsänderung zu schaffen, die einen Mitgliederentscheid erst ab der | |
übernächsten Vorstandswahl 2014 ermöglichen würde.Der sächsische | |
Landesvorsitzender Rico Gebhardt sagte, er hätte sich "eine politische | |
statt einer juristischen Entscheidung" gewünscht. | |
Unterdessen hat Fraktionschef Gregor Gysi die Entscheidung der Parteispitze | |
über die Mitgliederbefragung bedauert. Er hätte es besser gefunden, der | |
Basis ein Mitspracherecht bei Personalfragen zu geben, sagte Gysi in einem | |
Radiointerview. | |
Am Freitag kam in Berlin die Bundestagsfraktion der Linken zu einer | |
zweitägigen Klausurtagung zusammen. Dort besprechen die Abgeordneten den | |
politischen Fahrplan für dieses Jahr; im Mai wird in Schleswig-Holstein ein | |
neuer Landtag gewählt. Zudem geht es um die Weichenstellung für die | |
Bundestagswahl 2013. | |
13 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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