# taz.de -- Geheimakten über Wu-Tang-Clan: Tragischer alter Bastard | |
> In den USA wurden Akten über Ol Dirty Bastard veröffentlicht. Sie legen | |
> nahe, dass der Wu-Tang Clan weit mehr in illegale Aktivitäten verstrickt | |
> war als angenommen. | |
Bild: Starb 2004: Russel Tyrone Jones, besser bekannt als Ol Dirty Bastard. | |
Anfang der 1990er Jahre trat eine HipHop-Crew aus New York auf den Plan, | |
die mit ungewöhnlichen Sounds und unorthodoxen Geschäftspraktiken die Welt | |
des Rap umkrempelte. Der Wu-Tang Clan setzte mit Anleihen aus | |
Kung-Fu-Filmästhetik, dreckigen Soulsamples und einer kollektiven | |
Organisationsstruktur neue Maßstäbe. | |
Mit einer ausufernden Zahl von Mitgliedern, Dach- und Unterorganisationen | |
lieferte die Gruppe aus Staten Island eine Blaupause, die von anderen | |
Rappern in der Folgezeit übernommen wurde. | |
Die schillerndste Figur des ursprünglich neunköpfigen Wu-Tang Clan war | |
Russel Tyrone Jones, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Ol Dirty | |
Bastard. Dementsprechend groß war die Trauer, als dieser 2004 verstarb. | |
Als einer der letzten großen Freien Radikalen der HipHop-Szene hatte es | |
Jones vorgezogen, in guter alter Rock-n'-Roll-Manier zu verbrennen - zum | |
Leidwesen seiner nahen Anverwandten, die in einer postum veröffentlichten | |
Biografie schwere Vorwürfe gegen Öffentlichkeit und Plattenindustrie | |
erhoben. Denn so tragisch der Tod des damals 36-Jährigen war, so | |
unterhaltsam waren seine zahlreichen Eskapaden, die im Laufe seiner | |
Karriere immer mehr in den Vordergrund traten. | |
## Verbindungen zu den berüchtigten Bloods | |
Er war Stammgast in Reality-TV-Sendungen, wo er öffentlich Stütze für zwei | |
seiner 13 Kinder beantragte. Im November 2000 wurde Jones schließlich für | |
zwei Jahre inhaftiert. Er hatte sich unerlaubt aus einer Entzugsklinik | |
abgesetzt, in die er wegen des Besitzes von Crack und Cannabis eingewiesen | |
worden war. Das typische Schicksal eines prominenten Drogenkonsumenten. | |
Doch vor einigen Tagen tauchten im Netz FBI-Dokumente auf, die nahelegen, | |
dass Jones und der Wu-Tang Clan weit mehr in illegale Aktivitäten | |
verstrickt waren, als bislang angenommen. So heißt es gleich zu Beginn der | |
93 Seiten Ermittlungsakten, der Wu-Tang Clan sei im Drogen- und | |
Waffenhandel aktiv, beteilige sich an Diebstählen, Autoschiebereien und | |
habe zu der in Los Angeles aktiven berüchtigten Gang der Bloods gehört. | |
Darüber hinaus unterstellt die Akte, die aufgrund einer Anfrage im Rahmen | |
des "Freedom of Information Act" veröffentlicht wurde, die Verwicklung des | |
Wu-Tang Clan in mehrere ungelöste Mordfälle, bei denen mutmaßlich | |
abtrünnige Bandmitglieder getötet wurden. Jones selbst taucht jedoch als | |
Opfer auf, der von Unbekannten mit Skimasken brutal überfallen wurde. | |
Inwieweit er und die anderen Stars des Wu-Tang Clan selbst in Verbrechen | |
verstrickt waren, lässt der in weiten Teilen geschwärzte Text offen. Auch | |
die Frage, warum diese Erkenntnisse aus den späten 1990er Jahren keine | |
strafrechtlichen Konsequenzen nach sich zogen, bleibt unbeantwortet. | |
Wahrscheinlich ist sie bei der unübersichtlichen Organisationsform in der | |
Wu-Tang-Welt auch nicht abschließend zu klären. Stoff für eine | |
HBO-Krimiserie gäbe es hier jedenfalls allemal. | |
15 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Marcus Staiger | |
## TAGS | |
HipHop | |
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