# taz.de -- Kommentar "Costa Concordia": Die Lüge vom Luxus für alle | |
> Den Betreibern der "Concordia" sind keine Sicherheitsmängel vorzuwerfen. | |
> Doch Massenbetrieb und schlechte Arbeitsbedingungen bleiben Risiken. | |
Kreuzfahrtschiffe sind imposante Statussymbole. Sie künden vom guten Leben. | |
Traumschiffe eben. Wenn sie laut trompetend ihren Kapitänsgruß entrichten, | |
erhalten sie an Land bewundernden Zulauf. Der Kapitän der "Concordia" | |
scheint sich dieser Faszination bewusst gewesen zu sein. Mit seiner | |
waghalsigen Annäherung an die Insel hat er seine Kapitänsherrlichkeit | |
möglicherweise angeberisch, letztendlich katastrophal ausgereizt. | |
Der Kreuzfahrtmarkt ist der boomende Sektor touristischer Versprechungen. | |
Verwöhnung zwischen Sonnendeck und Spa, ein verlogener Hauch von | |
Kapitänsdinner in goldverzierten Riesensalons. Auch wenn dieser Pomp von | |
der Stange kommt, er schmeichelt den Urlaubern. Er suggeriert Luxus für | |
alle. | |
Mit Billigangeboten werden Touristen auf die Schiffe gelockt, um an Bord | |
möglichst viel Geld auszugeben - an Land bleibt ihnen nur wenig Zeit dafür. | |
So verdienen nicht die Leute in den Kreuzfahrtdestinationen, sondern allein | |
Multis wie die US-Reederei Carnival, zu der die "Concordia" letztendlich | |
gehört. | |
Es zählt die Rendite – und die erhöht sich auch durch schlecht bezahltes | |
und schlecht ausgebildetes Personal, das im ausgereizten Schichtdienst in | |
der Unterwelt der Schiffe haust. Die Flaggschiffe des Konsums leben von der | |
schönen Oberfläche, am Tiefgang aber wird gespart: Der Teil unter Wasser | |
soll nur ein Zehntel eines Kriegsschiffes betragen, damit das Schiff in | |
flachere Wasser fahren, näher an der Küste ankern kann. Das macht es | |
tendenziell instabiler. | |
Auch wenn der "Concordia" keine Sicherheitsmängel nach internationalen | |
Richtlinien vorzuwerfen sind, so ist doch der Massenbetrieb von 4.229 | |
Personen an Bord plus schlechter Arbeitsbedingungen ein nicht | |
kalkulierbares Sicherheitsrisiko an sich. | |
16 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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