# taz.de -- Frankfurter protestieren am Flughafen: Fluglärmgegner trauen keine… | |
> Die Frankfurter Montagsdemo gegen Fluglärm wird wohl weiter wachsen. | |
> Ebenso wächst das Misstrauen gegen alle anderen Beteiligten beim Streit | |
> um den Ausbau. | |
Bild: Viel Lärm am Flughafen. | |
FRANKFURT taz | Als könnten sie es nicht erwarten, strömten am Montagabend | |
die Menschen schon vor Demonstrationsbeginn in das Abflugterminal B des | |
Frankfurter Rhein-Main-Flughafens. Rund 5.500 seien zur ersten | |
Montagsdemonstration im neuen Jahr gekommen, schätzte Ingrid Kopp, | |
Sprecherin des Bündnisses gegen Fluglärm. Die Polizei zählte offiziell | |
knapp die Hälfte. | |
Ein Kommunikationsbeamter vor Ort war jedoch stärker beeindruckt. "Viel | |
mehr" als bei den letzten Demonstrationen seien gekommen: "Und da waren es | |
schon über 3.000." Er blicke besorgt in die Zukunft. Sicherheit und Ordnung | |
könnten bei künftigen Veranstaltungen gefährdet sein, wenn Treppen und | |
Bahnsteige durch die Menschenmenge blockiert würden, meint er. | |
Das stand dieses Mal noch nicht zu befürchten. Der Airport hatte reichlich | |
Platz für alle. Die Flugpassagiere blieben gelassen bis neugierig. | |
Japanische Touristen fotografierten und blätterten im Wörterbuch: "Wir | |
finden gut. Wollen auch." Der Protest hatte wieder viele Facetten. Mancher | |
Banker war dabei, die Krawatte in der Anzugtasche, | |
demonstrationsunerfahren, manch altgediente Flughafengegner auch. | |
So wie Hermann Gaffka aus Offenbach (65). Er ist Stadtplaner und opponiert | |
seit zehn Jahren vergeblich gegen die Nordwestlandebahn. Er ärgert sich, | |
dass sich die hessische Landesregierung seit Eröffnung der neuen Bahn im | |
Oktober 2011 "immer nur an die Neubetroffenen" in den reichen südhessischen | |
Regionen wende: "Offenbach wird immer übersehen. Wir haben es schon lange | |
knüppeldick. Die Stadt leidet seit Jahren." | |
## Flieger in 850 m Höhe | |
Die 70-jährige Gunhild Stoll ist im Rollstuhl aus dem Mainzer Stadttteil | |
Bretzenheim gekommen. Sie erwartet auch "die ganze Mainzer Oberstadt". Dort | |
donnern die Flieger bei Ostwind in nur 850 Metern Höhe über die Häuser. | |
Stoll ist an Multipler Sklerose erkrankt und braucht "wenigstens die | |
Nachtruhe". Sie denkt vor allem an die Kinder, an die Behinderten. | |
Der Fluglärm, "immer ein Grundton", der "krank macht und sich wie Schmerz | |
im Gehirn speichert", schade ihnen nachhaltig. Und die Oberstädter kommen | |
tatsächlich massenhaft. Junge Leute staksen auf Sprungstelzen durch die | |
Halle, ältere trommeln auf gelbe Plastikeimer: "Hört unsere Stimmen!", | |
fordern sie. | |
Ingrid Wettlaufer (63) wohnt im vormals beschaulichen, hessischen | |
Taunuskurort Bad Nauheim. Sie hat vor 30 Jahren schon gegen die Startbahn | |
West protestiert: "Das hat alles nichts genützt. Alle Versprechen sind | |
gebrochen worden." Sie kennt sich mittlerweile aus mit Flugrouten, | |
Lärmpegeln, Ost- und Westwind. Das Nachtflugverbot sei vom | |
Flughafenbetreiber Fraport ständig unterlaufen worden: "Egal, welcher Wind. | |
Die fliegen, wie sie wollen." Sie lärmt, wie alle, schon vor offiziellem | |
Demobeginn um 18 Uhr dagegen an. | |
Michael Wilk vom Bürgerinitiativen-Bündnis ist deshalb als Redner manchmal | |
kaum zu hören. Von der Einladung zum Gespräch am Mittwoch mit | |
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) verspricht er sich nicht viel: "Ich | |
bitte euch, die Erwartungen nicht zu hoch anzusetzen." Die Politik aller | |
Flughafen-Parteien sei bisher von "Lug und Trug" geprägt gewesen: "Wir | |
glauben erst mal gar nichts mehr. Wir sind die Einzigen, auf die wir uns | |
verlassen können." | |
## Streit um Nachtflugverbot | |
Damit spricht er Gaffka aus Offenbach aus der Seele. Dass Bouffier die | |
"Grenzen des Wachstums entdeckt" haben wolle, sei unglaubwürdig, solange | |
das Land beim Leipziger Bundesverwaltungsgericht gegen das Urteil des | |
Kasseler Landesverwaltungsgerichts klage. Das hatte das Nachtflugverbot | |
ohne Ausnahme betätigt. Wenn Bouffier sage, er tue das nur wegen der | |
Rechtssicherheit, sei das gelogen: "Die wollen keine Rechtssicherheit, die | |
wollen wieder mindestens 17 Ausnahmenachtflüge." | |
Die Demonstration begibt sich auf einen Rundgang durch die Terminals, von B | |
nach A, raus auf die Straße und bei C wieder rein, zum Ausgangspunkt | |
zurück. Ende und Anfang der Menschenschlange schließen sich fast zum Kreis: | |
"Wir sind hier, wir sind laut, / weil man uns die Ruhe klaut!" | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Platen | |
## TAGS | |
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) | |
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