# taz.de -- Grüne wollen Vermögensabgabe: Millionäre sollen für die Krise z… | |
> Die Grünen wollen die Allerreichsten in der Finanzkrise zur Kasse bitten. | |
> Sollte eine Rot-Grüne Regierung kommen, ist die Umsetzung wahrscheinlich. | |
Bild: Geld, Geld, Geld - aber zu wenig, um die Wirtschaft zu retten. | |
BERLIN taz | Lange haben die Grünen darüber gestritten, wie sie Reiche an | |
den Krisenkosten beteiligen wollen - jetzt steht ihr Konzept fest. Die | |
Bundestagsfraktion hat am Dienstag beschlossen, im Falle einer | |
Regierungsbeteiligung eine befristete Vermögensabgabe einzuführen, die 100 | |
Milliarden Euro einspielen soll. "Sie ist das geeignete Instrument, um die | |
reichsten Deutschen an den Folgen der Finanz- und Bankenkrise zu | |
beteiligen", sagte die Abgeordnete Lisa Paus, die für ihre Fraktion im | |
Finanzausschuss sitzt. | |
Das Konzept nimmt dabei nur ein Prozent der Bevölkerung ins Visier: Zahlen | |
müssten nur 330.000 Deutsche. Denn die Abgabe soll erst ab einem Freibetrag | |
von einer Million Euro pro Kopf fällig werden, für Kinder wird zusätzlich | |
ein Freibetrag von 250.000 Euro hinzugerechnet. Ein Gutverdiener mit zwei | |
Kindern, der weniger als eineinhalb Millionen Euro besitzt, bleibt also | |
abgabefrei. | |
Diese Reichsten sollen, wenn die Grünen ab 2013 an die Macht kommen, | |
jährlich 1,5 Prozent ihres Nettovermögens entrichten - dazu zählen Geld, | |
Immobilien, aber auch Betriebsvermögen. Angedacht ist eine Laufzeit von | |
zehn Jahren. | |
Bis zuletzt hatten die Grünen darüber gestritten, wie stark sie Unternehmen | |
belasten wollen. Denn die will die Partei schließlich für den Green New | |
Deal gewinnen. Besonders die Wirtschaftspolitiker machten sich für hohe | |
Freibeträge stark und setzten sich am Ende durch. Die Fraktion will Firmen | |
einen Freibetrag von 5 Millionen Euro einräumen - Parteilinke hatten | |
lediglich für 2 Millionen plädiert. | |
## "Sehr hohe Freibeträge" | |
Entsprechend zufrieden ist Kerstin Andreae, die wirtschaftspolitische | |
Sprecherin der Fraktion. "Wir schützen die Interessen kleiner Unternehmen. | |
Das ist wirtschaftspolitisch vernünftig." Außerdem schließt das Konzept | |
eine Substanzbesteuerung aus. Das heißt: Wenn Firmen keine Gewinne | |
erzielen, zahlen sie keine Abgabe - müssen also nicht ihren Bestand | |
antasten. | |
Mit der Abgabe reagieren die Grünen auf die steigende Staatsverschuldung | |
durch die Banken- und Finanzkrise. Seit 2008 sind Deutschlands Schulden | |
durch Bankenrettungs- und Konjunkturpakete rapide gewachsen, um mehr als | |
400 Milliarden auf 2 Billionen Euro. | |
Gewerkschaften werfen den Grünen vor, dass sie zu wenig umverteilen. So | |
begrüßt Dierk Hirschel, Wirtschaftspolitik-Leiter bei Ver.di, zwar, dass | |
sich die Partei des Thema annimmt. Aber er sagt auch: "Die Grünen gehen | |
nicht weit genug, sie setzen etwa sehr hohe Freibeträge für Unternehmen | |
an." Ihre Abgabe schaffe deshalb "keinen gerechten Lastenausgleich", sagt | |
Hirschel. Ver.di wirbt für eine unbefristete Vermögenssteuer von 1 Prozent. | |
Und kommt bei einem Freibetrag von 500.000 Euro auf Einnahmen von 20 | |
Milliarden Euro pro Jahr. Doppelt so viel, wie die Grünen veranschlagen. | |
## SPD geht weiter | |
Dass das Konzept umgesetzt wird, wenn Rot-Grün 2013 an die Macht kommt, ist | |
wahrscheinlich. Denn die SPD geht noch weiter. Statt einer befristeten | |
Abgabe will sie die unbefristete Vermögenssteuer in Deutschland | |
wiedereinführen. Das Bundesverfassungsgericht hatte sie 1995 für | |
verfassungswidrig erklärt. Seitdem hat sich keine Regierung getraut, sie | |
rechtlich konform wiederzubeleben. | |
Die Pläne der SPD sind allerdings noch sehr vage. Die Partei will mit der | |
Steuer 10 Milliarden Euro im Jahr einnehmen und ebenfalls hohe Freibeträge | |
einbauen. Dem Wirtschaftsflügel der SPD kommt die Grünen-Vorlage gelegen. | |
Denn eine Abgabe ist die harmlosere Variante für Firmen und Gutverdiener. | |
Einen prominenten Unterstützer haben die Grünen deshalb bereits: | |
Vielleichtkanzlerkandidat Peer Steinbrück hat ihre Abgabe schon mehrmals | |
gelobt. | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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