# taz.de -- Kommentar Neonazidatei: Kein Allheilmittel | |
> Bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdienst ist sinnvoll. | |
> Bei 38 Sicherheitsbehörden besteht ständig die Gefahr von Doppelarbeit | |
> und Informationspannen. | |
Die Verbunddatei für gewaltbezogene Neonazis kommt. Das Bundeskabinett hat | |
jetzt einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen. Damit soll der | |
Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz erleichtert | |
werden. | |
Präsentiert wird dies als Reaktion auf die schockierende Mordserie der | |
Zwickauer Zelle, die 13 Jahre lang von Polizei und Verfassungsschutz | |
unentdeckt blieb. Wäre aber wirklich alles ganz anders gekommen, wenn es | |
die Neonazidatei damals schon gegeben hätte? Wohl kaum. Wenn Polizei und | |
Verfassungsschutz ahnungslos sind, hilft auch ein besserer | |
Informationsaustausch nicht weiter. | |
Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Geheimdienst ist | |
trotzdem sinnvoll. Bei 38 Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern besteht | |
ständig die Gefahr von Doppelarbeit und Informationspannen. Hier | |
gegenzusteuern ist noch keine Gefahr für die Bürgerrechte. Die Trennung von | |
Polizei und Verfassungsschutz soll nur sicherstellen, dass der Geheimdienst | |
nicht verhaften und durchsuchen darf. Diese funktionale Trennung bleibt | |
gewahrt, auch wenn Informationen künftig häufiger geteilt werden. | |
Im Gegenzug ist aber sicherzustellen, dass auch die parlamentarische | |
Kontrolle modernisiert wird. Wenn Polizei und Verfassungsschutz von Bund | |
und Ländern kooperieren, müssen auch die Kontrolleure von Bundestag und | |
Landtagen zusammenarbeiten können. Das heißt: Landtage müssen Zugriff auf | |
Akten von Sicherheitsbehörden des Bundes bekommen und umgekehrt. Auch | |
gemeinsame Untersuchungsausschüsse müssen ermöglicht werden. | |
Eine entsprechende Reform sollte schnell erfolgen. Sonst wird die | |
Aufarbeitung der Ermittlungspannen rund um die Zwickauer Zelle scheitern. | |
Wenn niemand ein Gesamtbild zu sehen bekommt, ist schließlich schwer zu | |
sagen, wo die Verantwortung für das Fiasko liegt. | |
18 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
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