# taz.de -- Polizist wegen E-Mail verurteilt: Teure Solidarität mit Hausbesetz… | |
> Polizist wird zu einer Geldstrafe von 6.400 Euro verurteilt, weil er die | |
> Räumung eines Hausprojekts an die Bewohner verraten haben soll. | |
Bild: Trotz Mail des Polizei-Insiders: Die Brunnenstraße 183 wurde im November… | |
Er bleibt dabei, bis zum Schluss: Nein, er habe der "Brunnen 183" keine | |
E-Mail geschickt. Nein, er habe das linke Hausprojekt nicht vor der Räumung | |
gewarnt. "Warum sollte ich auch?", fragt Nils D., 26-jähriger Polizist. | |
"Ich würde alles riskieren und habe keinen Kontakt in die linke Szene. Das | |
ist doch völlig absurd." | |
Vergebens. Kurz darauf erhebt sich Richter Ansgar Bode zum Urteil: "Es gibt | |
keinen vernünftigen Zweifel, dass Sie die E-Mail verschickt haben." Er | |
verhängt eine Geldstrafe von 6.400 Euro wegen Geheimnisverrats. Nils D. | |
schaut fassungslos, schlägt die Hände vors Gesicht, zückt ein Taschentuch. | |
Es war eine kurze E-Mail, die der Brunnen 183 im November 2009 zuging. | |
"Morgen wird euer Haus gegen 18 Uhr geräumt", schrieb der anonyme Verfasser | |
"statham85". Er sei Polizist, aber solidarisch mit der linken Szene. "Passt | |
auf euch auf, viel Erfolg." Am nächsten Tag rückte ein Großaufgebot der | |
Polizei zur Räumung an. | |
Für den Staatsanwalt ist klar: Nils D. war der Absender. D. führe einen | |
Account unter dem Alias "statham85", die Nachricht sei von dessen privater | |
IP-Adresse abgegangen, sein Rechner sei zur Tatzeit in Betrieb gewesen. | |
Technisch möglich sei vieles, so der Staatsanwalt. "Das aber wäre eine groß | |
angelegte Verschwörung, deren Aufwand die Tat nicht rechtfertigen würde." | |
Er fordert eine "empfindliche" Geldstrafe: 12.000 Euro. | |
D., heute suspendiert, hatte dagegen schon zum Prozessauftakt vor zwei | |
Wochen seine Unschuld beteuert. Seine Verteidigerin will Freispruch: E-Mail | |
und IP-Adresse könnten gefälscht sein, ein Unbekannter könnte darauf | |
zugegriffen haben. Auch habe D. kein Motiv. "Er war Polizist mit Leib und | |
Seele", so die Anwältin. | |
Allein: Der Richter folgt ihr nicht. Er sehe "keinen einzigen Hinweis", | |
dass jemand das Postfach gekapert habe. Und D. habe in seinem Job durchaus | |
mit der linken Szene zu tun gehabt. "Die E-Mail hat die Beamten sehr | |
gefährdet und dem Ansehen der Polizei geschadet." In die Strafe lässt Bode | |
einfließen, dass D. mehrmals unbefugt Daten von Bekannten aus einem | |
internen Polizeisystem abgefragt hatte. | |
Die Bewohner der Brunnen 183 hatten die E-Mail seinerzeit als Provokation | |
abgetan. "Wir hatten schon vorher mehrere Warnungen per Anrufe und SMS | |
bekommen", sagt ein 38-jähriger Exbewohner vor Gericht. "Das war alles | |
unglaubwürdig." Deshalb habe man keine Vorbereitungen getroffen - aber eine | |
Pressemitteilung mit Teilen der E-Mail rausgeschickt. "Leider hat keiner | |
auf den Knüller reagiert." | |
Das Haus in der Brunnenstraße steht seit der Räumung leer. | |
18 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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