# taz.de -- Berliner Freifunker über WLAN für alle: "Wir brauchen nur Strom u… | |
> Zwei Berliner Freifunk-Aktivisten über dezentrale Netzstrukturen, | |
> rechtliche Hürden und warum sie ihrem Bürgermeister gerne eine Antenne | |
> aufs Dach setzen würden. | |
Bild: Ein Freifunk-Router in der Berliner c-base | |
taz: Wie sicher sind meine Daten im Freifunknetz? | |
cven: Es gibt diesen Spruch: "Als Freifunker kennst du alle sexuellen | |
Vorlieben deiner Nachbarn." | |
Das wirbt nicht gerade für euch ... | |
Wetterfrosch: Aber die Telekom weiß das doch auch alles! Ich verschlüssele | |
mich überall. | |
cven: Auch Freifunk muss man "richtig" machen, darauf weisen wir alle immer | |
hin. | |
Wie betreibt ihr euer Netz? | |
cven: Wir installieren Router mit einer selbstentwickelten | |
Open-Source-Software auf Dächern, die dann einer gesamten Nachbarschaft | |
drahtlosen Zugang zum Freifunknetz ermöglichen. Optional können somit auch | |
private Internetanschlüsse zugänglich gemacht werden. | |
Trägt das anarchistische Züge? | |
Wetterfrosch: Eigentlich ist das doch eine ganz bürgerliche Idee: Wir | |
wollen einfach anonyme Kommunikation. | |
cven: Aus dem zuerst rein technischen Ansatz "dezentral" wurde später ein | |
politischer Begriff. Wir waren zu Beginn auch überrascht über die vielen | |
politischen Fragen. | |
Was war denn der Ursprungsgedanke der Freifunkinitiative? | |
cven: Am Anfang stand weniger ein Gedanke als vielmehr die Not, schwarze | |
Löcher in der DSL-Versorgung einiger Berliner Stadtteile zu überbrücken. | |
Wir brauchten einfach Internet. Bis heute kommen die meisten Interessierten | |
aus diesem Grund zu uns. | |
Wie groß ist euer Netz? | |
cven: Wir hatten mal rund 400 Router im Netz. Die Zahl stagnierte | |
allerdings, nachdem die ersten Anbieter von offenem WLAN infolge von | |
illegalisierten Downloads Abmahnungen bekamen. Seitdem ist es in Berlin im | |
Vergleich zu anderen Städten eingeschlafen. | |
Also müssen Freifunker mit Strafen rechnen? | |
Wetterfrosch: Es gibt bei der derzeitigen Rechtslage drei Möglichkeiten: | |
sein Netz gar nicht zu teilen, auf Auslandsserver auszuweichen oder das | |
angebotene Netz mit Filtern zu versehen. Ist aber alles auch kein richtiges | |
Internet. Zurzeit klagt erstmals ein von Abmahnungen Betroffener gegen die | |
sogenannte Störerhaftung. Davon erhoffen wir uns ein Grundsatzurteil. | |
cven: Der Arzt, der Michael Jackson umgebracht hat, kriegt vier Jahre Haft. | |
Wer seine Songs teilt, kriegt fünf! | |
Dabei hatte sich bereits der frühere Wirtschaftssenator mit eurem | |
Netzentwurf befasst. | |
cven: Dieses "Wir kuscheln mal mit der Wirtschaft, wir kuscheln mal mit dem | |
Senat" – da halte ich nichts von. Dieses Top-down-Modell funktioniert | |
nicht, auch rein technisch nicht. Der Senat versteht unter "frei" auch | |
nicht Open Source, sondern lizenzierte, private Software. | |
Wie bewertet ihr dann Wowereits jüngste WLAN-Versprechungen? | |
cven: Es gibt innerhalb vom Ring noch nicht einmal flächendeckende | |
DSL-Leitungen. Bevor der über WLAN redet, soll der erst mal Kupfer in die | |
Erde schmeißen. Danach wäre es ganz einfach: Die Anonymität im Netz muss | |
gewährleistet werden. | |
Also schließt ihr eine Zusammenarbeit mit dem Senat nicht gänzlich aus? | |
cven: Die haben sich hohe Ziele gesteckt. Wenn sie die verwirklichen | |
wollen, erwarte ich, dass sie nochmal auf uns zukommen. Es wäre ziemlich | |
einfach: Wir brauchen nur Strom und Dächer. | |
Wetterfrosch: Wir würden auch dem Wowi gerne eine Antenne aufs Rote Rathaus | |
schrauben. | |
27 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Clemens Wigger | |
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