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# taz.de -- Referendum in Kroatien: Die Kroaten sagen Ja zur EU
> Zwei Drittel der Wähler stimmen für den Beitritt. Die Wahlbeteiligung
> erreicht mit nur knapp 44 Prozent einen historischen Tiefstand.
Bild: Bei dem Referendum am Sonntag stimmten zwei Drittel der Kroaten für den …
SARAJEVO taz | Mit rund 66 Prozent der abgegebenen Stimmen haben die
Kroaten für den Beitritt zur Europäischen Union gestimmt. Am Rande eines
Außenministertreffens in Brüssel zeigten sich die Beteiligten am Montag
zufrieden. Der EU-Ratsvorsitzende José Barroso freute sich genauso wie
Bundesaußenminister Guido Westerwelle. "Kroatien ist Europa, gehört zu
Europa, und Europa wird durch ein Stück reicher, vielfältiger und auch
stärker", erklärte er. Nach der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten
kann Kroatien am 1. Juli 2013 als 28. Staat der EU beitreten.
Diesen Äußerungen war auch ein Stück Erleichterung anzumerken. Denn im
Vorfeld der Abstimmung war man sich selbst in Zagreb nicht unbedingt
sicher, ob das Votum positiv ausfallen würde. Zwar hatten alle großen
Parteien und auch die in Kroatien einflussreiche katholische Kirche für das
Ja zu Europa geworben. "Die EU ist eine Chance für den Fortschritt und die
Entwicklung aller kroatischen Talente", sagte der erst vor sechs Wochen
gewählte neue sozialdemokratische Regierungschef Zoran Milanovic bei der
Stimmabgabe. Die Zeitung Vecernji list titelte: "Tag der Entscheidung:
Europa oder Balkan! Wählen wir die Zukunft!"
Trotzdem dürfte nach der Abstimmung für alle Befürworter des Beitritts des
Landes zur EU ein Nachgeschmack bleiben. Die niedrige Wahlbeteiligung von
gerade einmal 43,7 Prozent deutet auf eine weit verbreitete Skepsis in der
Bevölkerung. So betrachtet hat nicht einmal ein Drittel der kroatischen
Bevölkerung den EU-Beitritt aktiv befürwortet.
Dass die gesamte politische Klasse geschlossen für Europa ist, machte viele
Bürger eher misstrauisch, meint der bekannte Politikexperte Zarko Puhovski.
Bei vielen Bürgern war zudem schon vor der Eurokrise eine kritische
Einstellung zur EU zu bemerken. "Wir mussten vier Jahre lang um unsere
Unabhängigkeit kämpfen, ein Drittel des Landes wurde durch die
jugoslawischen Truppen verwüstet, Tausende sind für den Freiheitskampf
gestorben, das gibt man nicht so leicht wieder her", erklärte kürzlich etwa
der Kriegsveteran Stjepan Vasic aus Split der taz.
Das Unbehagen reicht vom rechten Rand bis weit hinein in die Mitte der
Gesellschaft. Selbst in den linken Parteien und bei den Gewerkschaften
wurden Befürchtungen laut. Werden die geplanten Wirtschaftsreformen weitere
Arbeitsplätze vernichten? Die Arbeitslosenrate liege jetzt schon bei 18
Prozent. Der Niedergang der Werftindustrie wird in diesen Kreisen als
negatives Beispiel angeführt. Die kroatische Gesellschaft sei zudem
überaltert und nicht innovativ genug, um der Konkurrenz aus der EU etwas
entgegenzusetzen.
Doch die Argumente der EU-Befürworter haben vor allem im Norden, in der
Hauptstadt Zagreb und Umgebung, in Istrien sowie den anderen großen Städten
verfangen. "Mit dem Eintritt sind wir gleichberechtigte Mitglieder der
europäischen Familie", betonten sie und knüpften damit an die weit
verbreitete Vorstellung an, Kroatien sei von jeher ein Teil Mitteleuropas.
Nicht zuletzt wirtschaftliche Argumente überzeugten in den
Industriezentren: Die für Kroatien zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe
von 3,5 Milliarden Euro würden helfen, die Wirtschaft weiter zu
modernisieren und konkurrenzfähig zu machen. Die von der EU geforderten
Reformen der Verwaltungen und des Justizapparates müssten trotz des
positiven Votums zügig fortgesetzt werden, sagte der Sozialwissenschaftler
Nenad Zakosek der taz.
23 Jan 2012
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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