# taz.de -- die wahrheit: Die güldene Braut | |
> Es war einmal ein junger, schöner Blutegel, der war von königlichem | |
> Geblüt, weil er sich vor gar nicht allzu langer Zeit an der Wade eines | |
> echten Prinzen angesaugt hatte... | |
Bild: Sie glänzte wie von purem, hellem Golde und trug eine leuchtende Krone. | |
... der im Bach ein Bad nahm. So sehr hatte er sich mit dem blauen Saft | |
vollgesogen, dass er nun selbst von Adel war und es für an der Zeit hielt, | |
sich standesgemäß zu vermählen. | |
Doch alle Egelinnen, die ihn gern genommen hätten, schienen ihm seiner | |
nicht würdig - war doch eine jede bürgerlich und damit "gemeines Volk", mit | |
dem er sich bei Hofe, wo er nach seiner Vermählung vorstellig werden und | |
seinen Anteil an Glanz und Reichtum einfordern wollte, niemals hätte zeigen | |
können . | |
So begab sich unser Held auf die Reise, denn er wusste, dass irgendwo eine | |
würdige Braut auf ihn wartete. Er war noch nicht lange unterwegs, als ihm | |
eine Silberforelle begegnete. "Wie schön sie glänzt! Bei ihr will ich mein | |
Glück versuchen", dachte der Blutegel und sprach die Forelle an: "Werteste, | |
würden Sie mir die große Ehre erweisen, mich zu heiraten?" Doch die Forelle | |
glotzte den Blutegel nur dumm an, sagte "Blubb" und schwamm vorbei. | |
"Was für eine ordinäre und unverschämte Person", ärgerte sich der Blutegel, | |
"Gut, dass aus uns nichts Ernsteres geworden ist, da hätte ich mich ja bei | |
Hofe schämen müssen." | |
Kaum war sein Ärger verraucht, als sich ihm eine elegante Kupfernatter mit | |
geschmeidigen Bewegungen näherte. "Zzzzzzzzssssss", zischelte die Natter, | |
"wollen wirrrrr ein Tänzzzzzsssschen wagen?" Und schon war sie nahe bei | |
ihm, und der Blutegel war von ihrem Blick gefangen, und sie öffnete ihr | |
Maul zum Hochzeitskuss, da - zack! - stieß ein Habicht aus der Luft herab | |
und riss die Schöne mit sich fort. | |
Der Egel sah seine Verlobte - denn für nichts Geringeres hatte er die | |
Natter gehalten - mit dem fremden Vogel am Horizont entschwinden und | |
dachte: "Was für ein leichtfertiges Frauenzimmer, bietet mir den Mund zum | |
Kuss - und kaum schließe ich die Augen, zieht sie mit einem anderen davon. | |
Wie gut, dass aus uns nichts Ernsteres geworden ist, da hätte ich mich ja | |
bei Hofe schämen müssen." | |
Nun wollte es aber das Schicksal, dass der Prinz, an dessen Wade sich der | |
Egel einst angesaugt hatte, mit einer Gesellschaft ein Picknick hielt, | |
gerade am Ufer des Baches, wo sich der Egel von seinen Enttäuschungen | |
erholte. Dem Egel stockte der Atem, als er unter all den ausgebreiteten | |
Köstlichkeiten eine so schöne Braut entdeckte, wie er sie sich nicht in | |
seinen kühnsten Träumen hätte ausmalen können. Sie glänzte wie von purem, | |
hellem Golde und schlug weiche, warme Falten, die sie umhüllten wie ein | |
kostbarer Mantel. Und sie trug eine leuchtende Krone. | |
"Bitte", flüsterte der Egel mit zitternder Stimme, "würden Sie, Schönste | |
der Schönen, mit mir den heiligen Bund der Ehe eingehen?" Und weil das | |
Schnitzel gar nichts sagte, nahm der Blutegel das als "Ja" und war von nun | |
an verheiratet mit dem panierten Stück. Der Prinz aber, als er des | |
seltsamen Brautpaares ansichtig wurde, warf das Schnitzel samt Egel | |
angewidert in den Fluss, wo die beiden überglücklich miteinander wurden und | |
vielen kleinen Blutzeln das Leben schenkten. | |
Bis das Schnitzel … doch das ist eine andere Geschichte und die soll ein | |
anderes Mal erzählt werden. | |
30 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Corinna Stegemann | |
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