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# taz.de -- Kommentar Ölembargo Iran: Der Junkie, der dem Dealer droht
> Ein Ölembargo gegen den Iran wird zuerst Europa schaden. Das
> überschüssige Öl kann der Iran an Indien, China und andere Abnehmer
> verkaufen.
Die EU will Stärke zeigen und mit dem Ölembargo Iran zum Kurswechsel seiner
Atompolitik zwingen. Damit hat die EU die Lunte ans Pulverfass gelegt. Der
Konflikt kann sich schnell verselbständigen und zu unberechenbaren
Konsequenzen führen, die vor allem Europa schaden werden. Denn beim
wichtigsten Rohstoff hat der alte Kontinent keine starke Position.
Das Embargo wird zu einem Zeitpunkt exekutiert, da der globale Ölmarkt den
Höhepunkt seiner Förderung erreicht hat. Seit sechs Jahren stagniert die
weltweite Produktion, der Ölpreis (Brent) notiert schon seit Monaten
deutlich über 100 Dollar. 2011 war das teuerste Öljahr aller Zeiten und
2012 wird noch heftiger.
In dieser Situation ist der Versuch, den zweitgrößten Opec-Lieferanten mit
einem Ölembargo in die Enge zu treiben, ein beinahe suizidales Spiel. Wehe,
es schließen sich noch andere Länder dem Boykott an. Dann müssten auch sie
ihr Öl woanders beziehen, der Markt geriete aus den Fugen. Dies ist der
einzige Boykott, bei dem die Boykotteure panische Angst haben müssen, dass
andere Länder aus Solidarität mitmachen könnten. Absurd!
Der Iran selbst will jetzt ebenfalls die Muskeln spielen lassen und einen
Lieferstopp gegen Europa per "Notgesetz" beschließen. Das überschüssige Öl
wird man - leicht rabattiert - an Indien, China und andere Abnehmer
verkaufen. Gleichzeitig wird Teheran versuchen, die hochnervösen Ölmärkte
zu hysterisieren, um den Ölpreis weiter hochzutreiben. Die New York Times
prophezeit Anschläge in Saudi-Arabien durch getarnte schiitische Kommandos.
Auch die ständigen Drohgebärden in Richtung Straße von Hormus zeigen
Wirkung. Dazu kommt die brenzlige Lage in Nigeria, ein anderer wackeliger
Öl-Exporteur. Von dem steigenden Ölpreis wird Iran direkt profitieren und
selbst mit deutlich weniger Exporten dieselben Einnahmen erzielen, während
Europa draufzahlt. Der Junkie, der dem Dealer droht, hat schlechte Karten.
29 Jan 2012
## AUTOREN
Manfred Kriener
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