# taz.de -- Klage gegen französisches Völkermordgesetz: Glückwünsche aus An… | |
> Linke und rechte Abgeordnete legen Verfassungsklage gegen das | |
> französische Völkermordgesetz ein. Nun müssen Verfassungsrichter über das | |
> umstrittene Gesetz entscheiden. | |
Bild: Armenier in Eriwan begrüßen jubelnd die Verabschiedung des Völkermordg… | |
PARIS taz | Das von beiden französischen Parlamentskammern verabschiedete | |
Völkermordgesetz kann vorerst nicht in Kraft treten. Das Gesetz stellt die | |
Leugnung der Armenier-Genozids von 1915/16 in gleicher Weise wie die | |
Verharmlosung oder Leugnung des Holocaust unter Strafe. Zwei Senatoren und | |
65 Abgeordnete der Nationalversammlung haben von ihrem Recht Gebrauch | |
gemacht und gestern eine Verfassungsklage eingereicht. Sie kommen aus | |
mehreren Parteien der Linken und Rechten. | |
In der Parlamentsdebatte war das Gesetz sowohl von der konservativen | |
Regierungspartei UMP wie von den Sozialisten offiziell unterstützt und | |
mehrheitlich angenommen worden. Die Regierung und der Präsident wurden von | |
der Beschwerde überrumpelt. | |
Ganz so überraschend ist diese Klage jedoch nicht. Schon vor der Zustimmung | |
des Senats am 23. Januar hatte die Gesetzeskommission des Senats den Text | |
als verfassungswidrig erklärt und vergeblich seine Ablehnung empfohlen. | |
In der Debatte war mehrfach gesagt worden, es sei gefährlich, wenn sich das | |
Parlament zum Richter über die historische "Wahrheit" erheben wolle. Aber | |
auch die politische Opportunität eines solchen Gesetzes war – unter anderem | |
von Außenminister Alain Juppé – bezweifelt worden. | |
Zwar gelten die rund 500.000 Franzosen armenischer Abstammung als eine für | |
alle Parteien wichtige Wählergruppe, für die die offizielle Anerkennung des | |
Genozids nicht diskutabel ist. Andererseits ist die Türkei, die heftig | |
gegen das Gesetz protestiert hat, ein wichtiger Handelspartner für | |
Frankreich. Rund 400 französische Unternehmen sind in der Türkei tätig. | |
Ankara hat Frankreich bereits mit wirtschaftlichen Sanktionen und dem | |
Abbruch der politischen Zusammenarbeit gedroht. Die türkische Regierung hat | |
die Verabschiedung des Genozidgesetzes als "Zugeständnis an eine Klientel" | |
(an die Armenier in Frankreich) kritisiert. | |
## Glückwünsche aus Ankara | |
Regierungschef Tayyip Erdogan gratulierte den Parlamentariern zu ihrer | |
Verfassungsbeschwerde als einen "Schritt, der dem eigentlichen Wesen von | |
Frankreich entspricht". | |
In der Verfassungsklage wird dagegen rein juristisch mit der im Grundgesetz | |
verbrieften Meinungsfreiheit und der Verhältnismäßigkeit der drohenden | |
Strafen argumentiert. | |
Wer in beleidigender Weise die beiden von Frankreich offiziell anerkannten | |
Genozide leugnet, kann laut Gesetz mit bis zu einem Jahr Gefängnis und | |
45.000 Euro bestraft werden. Die Richter haben nun eine Frist von einem | |
Monat für ihr Verdikt. | |
31 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unterstützte armenische Forschung: Die türkischen Oskar Schindler | |
Die Hrant-Dink-Stiftung in Istanbul sucht „Gerechte“ aus der Zeit des | |
Völkermordes an den Armeniern. Ein Gespräch mit dem Genozidforscher Taner | |
Akcam. | |
Französisches Völkermord-Gesetz gekippt: Verstoß gegen Meinungsfreiheit | |
Die Leugnung des Völkermords an den Armeniern darf nicht unter Strafe | |
gestellt werden. Das Völkermord-Gesetz wurde vom französischen | |
Verfassungsrat gekippt. | |
Debatte Armenien: Vergiftung der Begriffe | |
Frankreichs Genozid-Gesetz ist von großer Tragweite. Der Staat hat nicht | |
die Aufgabe, historische Wahrheiten festzuschreiben. Sarkozys Populismus | |
hat Folgen. | |
Kommentar Genozid-Gesetz Frankreich: Rückschlag für die Armenier | |
Frankreichs Parlament hat entschieden, die Leugnung des Völkermordes an den | |
Armeniern unter Strafe zu stellen. Da stellt sich die Leninsche Frage: Wem | |
nützt es? | |
Genozid an Armeniern: Leugnung in Frankreich künftig verboten | |
Mit großer Mehrheit ist dem umstrittenen Gesetzentwurf zur Armenier-Frage | |
in Paris zugestimmt worden. Die Türkei zog daraufhin ihren Botschafter ab | |
und legte Militärkooperation auf Eis. |