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# taz.de -- Welternährungsprogramm der UN: Hungernde können nicht warten
> Das UN-Welternährungsprogramm WFP zieht Konsequenzen aus der
> Somalia-Hungersnot von 2011 - auch selbstkritische. Und die nächste
> Hungerkatastrophe steht schon bevor.
Bild: Noch immer brauchen 4 Millionen Somalier Hilfe, sagen die UN.
BERLIN taz | Das UN-Welternährungsprogramm WFP braucht ein Frühwarnsystem,
um in Zukunft Hungersnöte besser vermeiden zu können. Und die
internationale Staatengemeinschaft muss flexibler und frühzeitiger
Hilfsgelder fließen lassen. Diese beiden Forderungen erhob David Kaatrud,
Leiter der Nothilfeabteilung des WFP, vergangene Woche in Berlin.
Damit zieht das WFP Konsequenzen aus der dramatischen Hungersnot am Horn
von Afrika, insbesondere Somalia, im Sommer 2011. Tausende von Menschen
starben elendig an Hunger, während zugleich die Verzögerung von Hilfe zur
Verschwendung von Millionen von US-Dollar führte, so die Analyse des
Welternährungsprogramms.
Ein Bericht der Hilfswerke "Oxfam" und "Save the Children" bestätigte vor
wenigen Wochen: Reiche Geberländer warteten bis zum Höhepunkt der Krise, um
finanziell einzugreifen. Zu ihnen zählte auch Deutschland, das sich eine
Erhöhung seiner Hungerhilfe erst Mitte August 2011 zutraute - fast eine
Monat nachdem die UNO eine schwere Hungersnot angekündigt hatte.
Die Spender warten tatsächlich, bis "wandelnde Skelette im Fernsehen zu
sehen sind," erklärt Kaatrud. Ursprünglich als reines Reaktionsorgan
strukturiert, hat das WFP kein festes Budget und verlässt sich
hauptsächlich an Spenden. Dabei sind 90 Prozent alle Spenden für bestimmte
Projekte gebunden und dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden,
selbst wenn sie für andere Dinge oder neu auftretende Notlagen dringend
gebraucht würden.
## Mehr Prävention ist nötig
In der letzten zehn Jahren ist diese Zweckbindung von Hilfsgeldern
beliebter geworden, sagt Kaatrud. Nun, nach Somalia, sehen die Spender
allmählich ein, dass frühzeitiges Handeln notwendig. Dies bedeutet, die
Verwendung der Gelder nachträglich zu überprüfen, statt ihren
Verwendungszweck vorzeitig feszulegen, betont er. Auch effektive Prävention
sei nötig.
tDie WFP hat zwar ein Frühwarnusystem und hatte schon im August 2010 vor
der kommenden Dürre in Somalia gewarnt, aber diese Berichte mangelten an
Dringlichkeit, so der UN-Funktionär selbstkritisch. Sie können "schneller
und schärfer" sein.
Die regionale und internationale Forschung zum Beispiel bei
Wettervorhersagen müsse besser koordiniert werden, der WFP-Aufsichtsrat
häufiger informiert: mit kurz auf einer Seite zusammengefassten Berichten.
Bis jetzt war die Krisenpräventionsforschung des WFP laut Kaatrud zu
akademisch, und die Berichte wurden nur alle sechs Monate erstellt.
"Ich weiss, ihr denkt: Warum haben wir das nicht bis jetzt gemacht?"
ergänzt Kaatrud. "Aber wir haben erst heute diesen Punkt erreicht."
## 160 Millionen US-Dollar werden jetzt gebraucht
Langsamkeit wird dem WFP seit seiner Gründung vorgeworfen. Bis die Hilfe
gegen die Dürre ankommt, ist die Regenzeit schon da, lautet der übliche
Spruch bei der Hungerhilfe. Kaatrud ist sich der Ironie der Situation wohl
bewusst. Eine Luftbrücke ist eigentlich ein Zeichen des Scheiterns, fügt er
hinzu, als er von der UN-Hilfsaktion in Somalia redet. Juli 2011 hatte die
WFP mit großer Medienaufmerksamkeit Hungernde in Somalia über eine
Luftbrücke nach Mogadischu versorgt.
Der WFP warnt für dieses Jahr vor einer Hungersnot in Niger, Mauretanien,
Mali, und Tchad. Die Sahel-Region, wo jährlich 300.000 Kinder an
Unternährung sterben, ist von einer anhaltender Dürre bedroht. Seit der
letzten Hungersnot in 2010 sind den Menschen die Reserven, um Nahrung zu
kaufen, ausgegangen.
Das WFP warnt jetzt vor 6 Millionen Hungernden und bittet insgesamt um 160
Millionen US-Dollar. Von dieser Summe ist bis jetzt ein Fünftel vorhanden.
Der Ernst der Situation werde wieder nicht erkannt, warnt Kaatrud. "Aber
wir dürfen nicht die Lehren vom Horn von Afrika vergessen."
1 Feb 2012
## AUTOREN
Anna Polonyi
## TAGS
Lebensmittel
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