# taz.de -- Tsunami-Drama mit Veronica Ferres: Erst Blümchen, dann Hammer | |
> Zwei Menschen, die ihren Partner beim Tsunami 2004 in Thailand verloren | |
> haben, lernen sich in Deutschland kennen und lieben. Das ZDF macht einen | |
> Film daraus. | |
Bild: Veronica Ferres und Hans-Werner Meyer in "Tsunami – Das Leben danach" (… | |
Wenn Deutsche unter den Opfern sind, ist man hierzulande von Katastrophen | |
aller Art emotional stets besonders stark mitgenommen. Einen der Höhepunkte | |
kollektiver Trauer und Bestürzung löste im Dezember 2004 das Erdbeben im | |
Indischen Ozean aus. | |
Etwa 230.000 Menschen kamen durch die Flutwellen in Thailand, Indien, Sri | |
Lanka und an anderen Orten ums Leben, darunter waren mehr als 500 Deutsche. | |
Schon allein deshalb dürfte der ZDF-Film "Tsunami – Das Leben danach" an | |
diesem Wochenende einiges an Aufmerksamkeit bekommen (Buch: Natalie Scharf, | |
Regie: Christine Hartmann). | |
Erzählt wird die wahre Geschichte von Billi Cramer (Veronica Ferres) und | |
Michael Schäffer (Hans-Werner Meyer). Beide haben ihre Partner und zwei | |
Kinder beim Tsunami-Unglück in Thailand verloren, lernten sich ein halbes | |
Jahr später durch die Vermittlung eines Psychologen in Deutschland kennen | |
und wurden schließlich ein Paar. | |
Heute sind sie miteinander verheiratet, leben in Frankreich und haben eine | |
Tochter. Uff! Kein seriöser Autor könnte sich eine solche Story ausdenken. | |
Aufmerksame Klatschzeitungsleser kennen diese Geschichte aber schon, die | |
Bunte berichtete mehrfach mit exklusiven Bildern. | |
## Nach knapp zehn Minuten vorbei | |
"Wir wollten in erster Linie die außergewöhnliche Liebes- und | |
Schicksalsgeschichte erzählen und auf keinen Fall einen Katastrophenfilm | |
über die Schrecken des Tsunami machen", sagt ZDF-Unterhaltungschefin Heike | |
Hempel. Und in der Tat ist das titelgebende Ereignis bereits nach knapp | |
zehn Minuten vorbei. | |
Auf ein paar billige Schockeffekte mochte man beim ZDF dennoch nicht | |
verzichten. So gibt es neben einigen in Thailand gedrehten Panik-Szenen | |
einen kurzen YouTube-Clip zu sehen, der zeigt, wie Menschen am Strand von | |
einer Welle in den Tod gerissen werden. Solche Bilder sollten nicht Teil | |
von Unterhaltungsfernsehen sein. | |
Heike Hempel sieht das anders: "Wir sind sehr sparsam mit dem | |
Originalmaterial umgegangen und haben es nicht in den Film genommen, um | |
damit einen reißerischen Moment zu erzielen. Der ganze Film ist sehr | |
zurückhaltend inszeniert und auf die weibliche Hauptfigur fokussiert. Mit | |
ihrem Blick erleben wir das Ganze, und die Zuschauer müssen auch das Grauen | |
mit ihren Augen sehen. Hätten wir die Tsunami-Szenen ausgespart, wäre zu | |
Recht der Vorwurf gekommen, dass wir das eigentliche Schicksal ausklammern | |
und damit der Geschichte die Intensität nehmen." | |
## Tanzende Ferres statt emotionaler Tiefe | |
Grundsätzlich leidet das Melodram darunter, dass der Zuschauer viel zu | |
wenig über den emotionalen Prozess beim Weg in die Beziehung von Billi | |
Cramer und Michael Schäffer erfährt. Es wird gezeigt, dass sie beim | |
Spaziergang mit niedlichen Hunden im Park viel Spaß haben und auch im Club | |
zusammen feiern können (eine Szene mit beachtlich hohem Fremdschämpotenzial | |
– tanzt Frau Ferres privat auch so?), aber warum genau fühlten sich die | |
beiden zueinander hingezogen? War es ausschließlich das gemeinsame | |
Schicksal? Gab es harte Zerreißproben, moralische Bedenken, Skrupel, | |
Streit? Darüber gibt es nur Andeutungen, und deshalb bleiben die Figuren | |
blass. | |
Klar kommt Liebe oft ohne viele Worte aus, und es wurden Filme auch schon | |
mit Dialogen erschlagen, aber – mal flapsig ausgedrückt – ein bisschen mehr | |
Beziehungsgequatsche hätte es in diesem Fall zum besseren Verständnis schon | |
sein dürfen, alternativ gern auch ein bisschen mehr erhellende nonverbale | |
Kommunikation. | |
Besonders deutlich wird dieser Mangel ausgerechnet an einer nicht ganz | |
unwichtigen Wendung: Nachdem sich Billi und Michael drei Monate lang nicht | |
gesehen haben, taucht er plötzlich mit einem Gänseblümchen in der Hand bei | |
ihr auf – und schon in der nächsten Einstellung stehen sie vor dem Altar | |
und schließen den Bund der Ehe. Da bleiben viele Fragen offen. Am Ende wird | |
dafür mit dem Holzhammer gearbeitet: Damit die Zuschauer wirklich | |
begreifen, dass gerade eine wahre Geschichte erzählt wurde, treffen das | |
echte und das Filmpaar an einem Strand aufeinander. Das ist kitschig, aber | |
damit herrscht zumindest über diesen Punkt Klarheit. | |
"Tsunami – Das Leben danach" läuft am Sonntag, 20.15 Uhr, im ZDF. | |
3 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Sven Sakowitz | |
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