# taz.de -- Familienfreundliche Öffnungszeiten: Malern auch mal abends | |
> Öffnungszeiten sind immer noch auf Hausfrauen ausgerichtet. Die gibt es | |
> aber immer seltener. Eine Hanauer Initiative kämpft für flexiblere | |
> Lösungen. | |
Bild: "Wir stellten fest, dass wir alle durchs Leben hetzen", sagt Frauenbeauft… | |
BERLIN taz | Warum hat eigentlich der Kinderarzt genau dann offen, wenn | |
alle an ihrem Arbeitsplatz sind? Warum bringt der Postbote die Päckchen, | |
wenn garantiert keiner zu Hause ist? Und warum schließt der Kindergarten um | |
zwei, wenn alle noch arbeiten? Schon lange beschäftigt Imke Meyer, | |
Frauenbeauftragte der hessischen Stadt Hanau, sich mit solchen Zeitfragen. | |
1997 berief sie ein Frauenplenum ein: "Wir stellten fest, dass wir alle | |
durchs Leben hetzen", erinnert sie sich heute. Imke Meyer ist am Montag | |
nach Berlin gereist. Es treffen sich hier die "Lokalen Bündnisse für | |
Familie": Menschen, die ebenso wie Imke Meyer neue Lösungen für die | |
unterschiedlichen Zeittakte von Arbeit und Familienleben gesucht haben. 663 | |
verschiedene Initiativen sind es nun, die unter diesem Label arbeiten, das | |
2004 die SPD-Familienministerin Renate Schmidt erfand. | |
2004, als Meyer gefragt wurde, ob ihre Initiative nicht ein "Bündnis für | |
Familie" werden wolle, hatten sie und ihre Mitstreiterinnen schon eine | |
Zeituntersuchung vorgelegt, die das gehetzte Gefühl der Frauen in Zahlen | |
übersetzte. Wichtig, um gegenüber Arbeitgebern, Ärzten, Kitas und Behörden | |
schlagkräftig argumentieren zu können. Glasklar zeigte sich: Das bisherige | |
Zeitregime ist auf Vollzeit-Hausfrauen eingestellt, die Kinder hüten, | |
Handwerkern und Postboten die Tür öffnen und ihre Vormittage beim Amt oder | |
Arzt verbringen können. Aber die gibt es immer weniger. | |
Dann begann das Verhandeln: Mit der Handwerkskammer darüber, dass | |
Handwerker auch mal am Abend kommen. Mit den Kinderärzten über | |
elternfreundliche Praxisöffnungszeiten. "Wir suchten nach Zeitbrücken und | |
Zeitinseln", beschreibt Meyer ihre Aktionen. | |
Die leidige Frage der Kinderbetreuung in den sogenannten Randzeiten, wenn | |
Eltern schon oder noch arbeiten müssen, die Kita aber geschlossen ist, | |
sprechen sie mit verschiedenen Stellen ab. Der Hanauer Technologiekonzern | |
Heräus etwa gründet eine Betriebskita, die von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr offen | |
hat. Telearbeitsplätze werden eingerichtet. Ein Seniorinnenservice wird ins | |
Leben gerufen: Ehrenamtliche Ältere bringen Kinder zur Kita oder holen sie | |
ab. Als der Öffentliche Nahverkehr seine Zeiten nicht umstellen will, | |
richten sie Anruf-Sammeltaxis ein. | |
## Stadtladen für Behördengänge | |
Um die Väter stärker in das Familienleben einzubinden, werden | |
Vater-Kind-Angebote gemacht: Drachen bauen, im Museum ein Schlossgespenst | |
suchen - und schon hat die Mutter eine Zeitinsel für sich, auch wenn sie | |
eher in traditioneller Arbeitsteilung lebt. | |
Es sind viele kleine Ideen, die insgesamt Erleichterung bringen: Ein | |
Bügelservice, die Bibliothek bringt online bestellte Bücher. In den Firmen | |
kann abends Essen aus den Kantinen mitgenommen werden, damit zu Hause | |
keiner mehr kochen muss. In einem "Stadtladen" kann man alle Behördengänge | |
auf einmal erledigen. | |
Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) freut's: "Der Spruch 'Zeit ist | |
Geld' gilt nicht für das Familienleben", erklärte sie auf dem Treffen: "Der | |
Takt des Berufslebens muss mit dem Rhythmus der Familie harmonisiert | |
werden." Schröder verschweigt auch nicht, dass Eltern vor allem andere | |
Arbeitszeiten wünschen: 60 Prozent der Väter würden gern weniger arbeiten, | |
ein Drittel der Teilzeit arbeitenden Mütter dagegen lieber etwas länger. | |
Doch die Schlussfolgerung daraus zieht nur Imke Meyer: "Wir bräuchten | |
reduzierte Vollzeit für alle." Aber für dieses Projekt hat sie trotz aller | |
Bündnisse noch keine Bündnispartner gefunden. | |
7 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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