# taz.de -- ARD-Intendanten-Treffen: Sie müssen mal reden | |
> In der ARD-Anstalt rumort es, weil die Herrscher des Senders den | |
> Zeitungsverlegern beim Kampf um die eigenen Inhalte im Internet weit | |
> entgegengekommen sind. | |
Bild: Neu: ARD und ZDF wollen "bei (...) ihren Telemedien den Schwerpunkt in fe… | |
Die Verhandlungen zwischen Verlegern und öffentlich-rechtliche Sendern über | |
das "Wer darf was im Internet" sorgen vor allem bei der ARD intern weiter | |
für Turbulenzen. Das Thema stand bei der internen Konferenz der | |
ARD-Intendanten in Erfurt ganz oben auf der Liste. Es ging um das vor einer | |
Woche von der [1][taz veröffentlichte Kompromisspapier,] laut dem die | |
öffentlich-rechtlichen Sender weitreichende Zugeständnisse an die | |
Zeitungsverleger machen würden. | |
Dass sich die Wortwahl der höchst diplomatischen Note noch mal ändern wird, | |
gilt als sicher. Details gibt es bislang aber keine. Dienstagmittag will | |
die ARD auf einer Pressekonferenz ab 14 Uhr Rede und Antwort stehen. Nach | |
dem bisher vorliegenden Entwurf sind ARD und ZDF dazu bereit, "bei der | |
inhaltlichen und gestalterischen Anmutung ihrer Telemedien den Schwerpunkt | |
in fernseh- und hörfunkähnlichen Angeboten" zu setzen. Video- und | |
Audioinhalte sollen in Internetangeboten und bei Apps der | |
Öffentlich-Rechtlichen "vorrangig" sein, Textangebote dagegen nach hinten | |
rutschen. Zudem würden die öffentlichen-rechtlichen Textangebote im Netz | |
"so gefasst, geordnet und gestaltet, dass sie kein funktionales Äquivalent | |
zu den text-/fotogeprägten Angeboten der Zeitungen darstellen". | |
Wegen derlei konkret-unkonkreter Aussagen hadern nicht nur die | |
Online-Verantwortlichen der ARD mit dem plötzlichen Entgegenkommen ihrer | |
IntendantInnen. Wie der Spiegel berichtet, lehnt die Redaktionskonferenz | |
Online (RKO) in einem "fachlichen Votum" das Entwurfspapier in einer | |
Stellungnahme "ungewöhnlich deutlich ab". Die RKO fürchte "weitreichende | |
negative Auswirkungen und Eingriffe in den Bestand und die Entwicklung" der | |
ARD-Onlineangebote, berichtet das Blatt. | |
Das Pikante daran: Die Stellungnahme hatte SWR-Intendant Peter Boudgoust | |
veranlasst. Boudgoust ist nicht nur stellvertretender ARD-Vorsitzender, | |
sondern nach der internen Geschäftsverteilung des Senderverbundes auch | |
Online-Intendant und als solcher für die Netzpolitik zuständig. An den | |
Verhandlungsrunden mit den Verlegern nahm er aber bislang gar nicht teil - | |
sie wurden von der ARD-Vorsitzenden und WDR-Intendantin Monika Piel, Ulrich | |
Wilhelm (Bayerischer Rundfunk) und NDR-Chef Lutz Marmor bestritten, in | |
dessen Verantwortungsbereich Angebote wie tagesschau.de und die | |
"Tagesschau"-App fallen. | |
## Paradebeispiel für Kommunikation | |
Auch Sender-Rechtsabteilungen kritisieren das Papier: "Wer definiert, was | |
ein 'funktionales Äquivalent zu den text-/fotogeprägten Angeboten der | |
Zeitungen' ist?", heißt es dort. Die Begrifflichkeiten seien zu unpräzise | |
und der nächste Streit programmiert. Vor allem aber fühlen sich die | |
Gremienvertreter verarscht. Sie haben in aufwändigen Drei-Stufentests und | |
langen Diskussionsrunden die neuen Angebote im Netz genehmigt und – von der | |
Medienpolitik bestätigt – als vom öffentlich-rechtlichen Auftrag gedeckt | |
bewertet. | |
"Wir sind überhaupt nicht in die Überlegungen einbezogen worden und darüber | |
alles andere als glücklich", sagte MDR-Rundfunkrat Dirk Panter am Montag am | |
Rande einer Anhörung zur Programmvielfalt im Dresdner Landtag: "Ich sehe | |
auch nicht, worin der Kompromiss stecken soll", so Panter, im Hauptberuf | |
SPD-Generalsekretär in Sachsen: "Die Öffentlich-Rechtlichen sollen sich | |
nach dem Willen der Verleger aufs Fernsehen der Steinzeit reduzieren und | |
zurück in die Höhle." | |
Die disksreten Verhandlungen seien ein erneutes Paradebeispiel für | |
Kommunikation in der ARD, die "bei uns im Rundfunkrat ein Nachspiel haben | |
werden". Immerhin eine gute Nachricht gab es aber schon gestern aus dem | |
weiten Rund der ARD: Der MDR hat seine Anteile am Fernsehballet verkauft, | |
das 2011 durch einen peinlichen Auftritt beim tschetschenischen Diktator | |
Ramsan Kadyrow und in diversen Volksmusiksendungen aufgefallen war. Es | |
gehört nun dem Berliner Eventmanager Peter Wolf und hoppst künftig unter | |
dem Namen "Deutsches Fernsehballett". | |
6 Feb 2012 | |
## LINKS | |
[1] /ffentlich-Rechtliche-im-Netz/!86624/ | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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ARD | |
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