# taz.de -- Gehackte Zertifikate: Google entfernt Sicherheitsschloss | |
> Google will sicherer werden. Bisher wurden sensible Daten auf Webseiten | |
> durch die "SSL"-Technik gesichert. Die kann aber gehackt werden. | |
> Alternativen werden gesucht. | |
Bild: Nicht alles, wo ein Schloss dran ist, ist auch verschlüsselt. | |
Jeder Internet-Nutzer kennt das kleine Sicherheitsschloss. Es taucht auf, | |
wenn man sich auf geschützten Seiten bewegt: Mit dem sogenannten "Secure | |
Sockets Layer" (SSL) werden Tag für Tag millionenfach Verbindungen im Netz | |
abgesichert. Doch die Verfahren, mit denen die Integrität von SSL | |
sichergestellt wird, bekamen in den letzten beiden Jahren gleich mehrfach | |
eins auf die Mütze. Es zeigte sich, dass sich die Technik durch die | |
Hintertür aushebeln lässt. | |
Die Grundlagentechnik, die in ihrer ersten Version bereits Mitte der 1990er | |
Jahre beim amerikanischen Surfwerkzeughersteller Netscape entstand, ist | |
mittlerweile in die Jahre gekommen. Damit SSL funktioniert, muss | |
sichergestellt sein, dass die Website, die man ansurft, auch wirklich der | |
entspricht, die man sehen möchte. Sonst gibt man seine Bankdaten bei | |
Gaunern ein, obwohl es so aussieht, als sei die Verbindung sicher. | |
Dazu werden von zentralen Stellen, die von kommerziellen Unternehmen | |
betrieben werden, digitale Zertifikate ausgegeben. Doch diese Stellen | |
lassen sich hacken: 2011 kam heraus, dass es Angreifern gelungen war, | |
eigene Zertifikate für große Websites wie Google oder Yahoo zu erstellen, | |
die dann in Kombination mit weiteren Tricks zum Abhören eigentlich | |
geschützter Verbindungen genutzt werden konnten. Regime im nahen Osten | |
sollen sich der Technik bedient haben. | |
## Einmal Zertifikat, immer zertifiziert | |
Ein anderes Problem ist die extrem schwere Rücknahme eines einmal | |
ausgestellten Zertifikats. Wird eine ganze Zertifizierungsstelle | |
kompromittiert, muss diese in jedem Browser der Welt entfernt werden. Doch | |
bieten nicht alle Hersteller Updates an, mobile Geräte bekommen oft gar | |
keine Aktualisierungen und die Nutzer wissen nichts davon. Das führt dann | |
dazu, dass gefälschte Zertifikate über Jahre verwendet werden. | |
Es gibt zwar Verfahren, mit denen sich einzelne Zertifikate auch | |
nachträglich zurückziehen lassen - dazu werden von den Ausstellern | |
sogenannte Certificate Revocation Lists, kurz CRLs, ausgegeben. Deren | |
Abfrage dauert aber mindestens eine Sekunde beim Aufruf einer gesicherten | |
Adresse, was dem Nutzer als Verlangsamung vorkommt. | |
Die meisten Browser sind sogar so eingestellt, dass sie die Abfrage einfach | |
weglassen, wenn der Listenserver sie nicht erreicht. "Das ist so wie ein | |
Sicherheitsgurt, der im Falle eines Unfalls reißt. Obwohl es 99 Prozent der | |
Zeit funktioniert, ist es wertlos, weil es nur funktioniert, wenn man es | |
nicht braucht", sagt Adam Langley, Sicherheitsforscher bei Google. | |
Kriminelle könnten die Abfrage lahmlegen, um sicherzustellen, dass sie | |
nicht funktioniere. | |
## Chrome ohne Abfrage | |
Deshalb habe sich Google mittlerweile entschieden, die Abfrage der Listen | |
aus seinem hauseigenen Browser Chrome zu entfernen, sagt Langley. | |
Stattdessen will das Unternehmen eine eigene, hochverfügbare Liste führen, | |
die ständig aktualisiert wird. Sie werde dann mit Browser-Updates | |
automatisch übertragen. Langley forderte die Zertifikateaussteller auf, | |
Google zeitnah zurückgezogene Zertifikate mitzuteilen. Derzeit dauere so | |
etwas oft Monate, heißt es bei dem Internet-Konzern. | |
Nutzerseitig lässt sich derzeit nur wenig tun - die Browserhersteller und | |
die Zertifikateaussteller müssen reagieren. Der [1][Sicherheitsforscher] | |
[2][Christopher Soghoian] hatte schon vor fast zwei Jahren vorgeschlagen, | |
eine Browser-Zusatzsoftware anzubieten, die prüfen kann, ob Zertifikate | |
ungewöhnlicher Herkunft sind. So ließe sich der Nutzer beispielsweise | |
darauf aufmerksam machen, dass er zwar bei Google USA eingeloggt ist, aber | |
das Zertifikat aus einem Regimeland in Nahost stammt. | |
Bislang ist die Technik aber noch nicht auf dem Markt. Hilfreich sind | |
allerdings bereits jetzt Werkzeuge wie die kostenlose [3][Toolbar] von | |
Netcraft für Firefox, die unter anderem das Alter eines Angebots prüft und | |
auf Merkwürdigkeiten aufmerksam macht. Die Netzbürgerrechtsorganisation SSL | |
betreibt zudem ein sogenanntes [4][SSL-Observatorium], das | |
Manipulationsversuche aufdecken soll. | |
9 Feb 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Hackerangriff-auf-Zertifikate/!78610/ | |
[2] /Hackerangriff-auf-Zertifikate/!78610/ | |
[3] http://toolbar.netcraft.com%3Cspan%20class= | |
[4] http://www.eff.org/observatory | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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