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# taz.de -- Kältewelle in Nordafrika: Schnee in der Wüste
> Dutzende Kältetote, explodierende Gasflaschenpreise und der strengste
> Winter seit der französischen Kolonialzeit: Der Maghreb bibbert.
Bild: Schneemänner kriegt man in Algier sonst eher selten zu sehen.
MADRID taz | Die Kältewelle hat auch Nordafrika erreicht. Wo sonst milde
Temperaturen auch die Wintermonate bestimmen, sanken die Thermometer auf
deutlich unter Null. 30 bis 40 Zentimeter hoch liegt der Schnee im
Landesinneren von Tunesien und auch in großen Teilen des algerischen
Nordens. Es ist die schlimmste Kältewelle seit 1954.
In Algerien zählte der Zivilschutz am Donnerstag 44 Tote. 30 davon kamen
bei Verkehrsunfällen ums Leben, die Schnee und Eis zugeschrieben werden. 14
weitere Menschen starben durch Kohlenmonoxidvergiftung als Folge
schadhafter Heizungsinstallationen.
In Tunesien sind mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Vier davon
unter durch die Schneelast zusammengebrochenen Dächern. Die Zahlen können
sich durchaus noch erhöhen, denn unzählige Dörfer sind komplett von der
Außenwelt abgeschnitten. In Algeriens bergigem Norden sind 80 Prozent des
Straßennetzes gesperrt.
"Es fehlt nur, dass sie ein Schild aufstellen: Ende der Welt", beschwert
sich die algerische Tageszeitung Liberté über die Untätigkeit der
Regierung. "Wo bleibt ein Programm für Notfälle?", fragt die Tageszeitung
El Khabar. Die Medien geißeln, dass auf der wöchentlichen Kabinettssitzung
am Mittwoch, die den 10. Mai als nächsten Wahltermin festlegte, kein Wort
über die Kälte verloren wurde.
Tausende von Haushalten haben seit Tagen keinen Strom mehr: Die
Überlandleitungen sind unter der Schneelast zusammengebrochen. Bäckereien
schließen, da sie keine Mehllieferungen mehr erhalten. Das
Lebensmittelangebot wird immer dürftiger und teurer. Und die
Butangasflaschen, mit denen die meisten Algerier heizen, kosten
mittlerweile nach Zeitungsberichten bis zu 30 Euro. Normalerweise sind es 5
Euro.
Auch in Tunesien sieht es im Landesinneren nicht viel besser aus. Auch dort
sind Straßen dicht und Stromleitungen gekappt. Der wichtigste Unterschied
zum Nachbarland Algerien ist die Zivilgesellschaft: Aus den Monaten nach
der Revolution 2011 sind die Menschen daran gewöhnt, sich selbst zu helfen.
Parteien, Verbände und private Initiativen in den reicheren Küstenstädten
organisieren Hilfskonvois.
Eine Entspannung der Lage ist erst einmal nicht in Sicht. Für das
Wochenende wird ein erneuter Kälteeinbruch vorhergesagt. Der einzige Trost:
Die Temperaturen sollen nur noch in Höhenlagen unter null Grad fallen.
Damit wird es wohl in den meisten Dörfern zumindest nicht schneien.
10 Feb 2012
## AUTOREN
Reiner Wandler
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