# taz.de -- Proteste in Argentinien: Tränengas und Gummigeschosse | |
> Umweltschützer im Nordwesten Argentiniens demonstrieren weiter gegen | |
> Großbergwerke. Die Polizei räumt Straßenblockaden. Dabei werden 60 | |
> Menschen verletzt. | |
Bild: "Niemals wieder Zyanid!" Protest vor der kanadischen Botschaft in Buenos … | |
BUENOS AIRES taz | Die Proteste der Bevölkerung im Nordwesten Argentiniens | |
gegen die Großbergwerke halten an. Ende vergangener Woche räumte die | |
Polizei gewaltsam mehrere Straßenblockaden. Dabei wurden zahlreiche | |
Demonstranten verletzt, Dutzende wurden festgenommen. | |
Die Räumung der Nationalstraße 60 bei dem Ort Tinogasta wurde von einem der | |
wichtigsten Nachrichtensender live im Fernsehen übertragen. Landesweit | |
waren die Bilder des Einsatzes von Tränengas und Gummigeschossen zu sehen, | |
mit dem die Polizisten gegen die Blockierer vorgingen, darunter zahlreiche | |
Frauen und Kinder. | |
Über 20 Tage hatten Bewohner der Provinz Catamarca und Umweltschützer die | |
Zufahrtsstraßen zur Kupfer- und Gold-Mine Bajo La Alumbrera kontrolliert. | |
Erfolgreich verhinderten sie die Durchfahrt der Lastwagen mit Material für | |
das Bergwerk, darunter Sprengstoff und Zyankali. Vergangene Woche musste | |
der Minenbetreiber die Sprengarbeiten vorrübergehend einstellen. | |
Mit dem Argument, die blockierten LKWs mit ihren Sprengstoffladungen | |
gefährden die Sicherheit der Bevölkerung, schickte die Nationalregierung im | |
Einvernehmen mit der Provinzgouverneurin Lucía Corpacci Polizisten. Diese | |
sollten lediglich für eine freie Fahrt der Zulieferungen sorgen. Einige | |
Demonstranten reagierten mit Steinwürfen auf die Polizei und die | |
durchfahrenden Lastwagen. | |
## Ganze Gebirgsteile herausgesprengt | |
Die Bewohner der rund 1.000 Kilometer von der Hauptstadt Buenos Aires | |
entfernten Provinz Catamarca protestieren seit langen gegen den Betrieb des | |
riesigen Bergwerks im Tagebau. Bajo La Alumbrera war 1997 als | |
Gemeinschaftsprojekt der Schweizer Xstrata Copper und der kanadischen | |
Goldcorp und Yamana Gold gestartet. Die drei Firmen halten 80 Prozent der | |
Anteile, die restlichen 20 Prozent gehören der Provinz Catamarca und der | |
Universität von Tucumán. Letztere hatte die Erzvorkommen entdeckt. | |
In den wasserarmen argentinischen Provinzen entlang der Anden wächst jedoch | |
das kritische Bewusstsein gegenüber der Gold-, Silber- und Kupfergewinnung. | |
Vor allem nordamerikanische und chinesische Betreiberfirmen holen hier im | |
Tagebau die Erze in gigantischen Minen aus den Bergregionen. | |
Dazu werden ganze Gebirgsteile herausgesprengt, zermahlen und die Metalle | |
mit günstigen Extraktionsverfahren herausgelöst. Beim Goldauswaschen kommt | |
Zyankali zum Einsatz, dabei werden riesige Mengen an Wasser verbraucht. Die | |
Mine Bajo La Alumbrera verbraucht täglich über 100 Millionen Liter Wasser | |
und sorgt durch Boden- und Wasserverschmutzungen mit Schwermetallen ständig | |
für Schlagzeilen. | |
## 11 Milliarden Dollar Gewinn | |
"Seit zehn Jahren beuten sie in Catamarca eine der größten Goldminen der | |
Welt aus," so Argentiniens frühere Umweltministerin Romina Picolotti. Für | |
sie sind die Polizeieinsätze Teil "der ständigen Ungerechtigkeiten" der | |
Provinzregierung und der Betreiberfirmen gegen die Bevölkerung. | |
In den letzten Jahren habe die Mine 11 Milliarden Dollar Gewinn abgeworfen, | |
aber die Menschen vor Ort hätten keinen Wasseranschluss, keine | |
Kanalisation, keine Straßen und keine Schulen. Die Regierung von | |
Präsidentin Kirchner setze die Bergbaupolitik von Ex-Präsident Carlos Menem | |
fort, die die ausländischen Bergbaufirmen privilegiert und bestehende | |
Gesetz nicht einhält, so Picolotti, die 2008 von Cristina Kirchner | |
entlassen wurde. | |
Inzwischen sind Anwohner und Umweltschützer wieder auf die Zufahrtstraßen | |
zurückgekehrt. Mit der Verteilung von Informationsmaterial an die Fahrer | |
durchfahrender Fahrzeuge blockieren sie nicht die Landstraßen. Sie sehen | |
aber, wer und was sich auf den Straßen bewegt. | |
12 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
## TAGS | |
Argentinien | |
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