# taz.de -- Kommentar Nazi-Aufmarsch Dresden: Friedensfest der Demokratie | |
> Dresden hat aus den vergangenen Jahren gelernt: Der Protest war ein | |
> Friedensfest der Demokratie. Die Interpretation der deutschen Geschichte | |
> ist dennoch nicht vorbei. | |
Bild: Gemeinsam gegen die ungewünschten Gäste. | |
Die Geschichtsverklärer vom rechten Rand sind, mal wieder, frustriert | |
abgereist. Der Grund: Kerzenschein und Mahnwachen, Menschenketten und | |
Straßenblockaden – ein massenhafter, durchweg friedlicher Protest, dem kaum | |
eine Protestform fehlte. | |
Nach Jahren heftiger Auseinandersetzungen haben die Menschen in Dresden | |
damit ein erstaunliches Zeichen gesetzt. Ihr Friedensfest der Demokratie | |
war rundheraus schön. Verstörend schön. Denn es ist sicher alles andere als | |
eine homogene Masse, die am Montag in Dresden auf der Straße war. Dass die | |
Gegendemonstranten dennoch so vereint auftraten, ist – erst recht nach den | |
Krawallen im vergangenen Jahr und der Handydatenaffäre – kaum hoch genug zu | |
schätzen. | |
Ausruhen sollte sich darauf allerdings niemand. Die am Montag zur Schau | |
getragene Dresdner Einigkeit darf nicht die Differenzen kaschieren. Und mit | |
dem langsamen Zurückdrängen der Neonazis als aktiver Bestandteil der | |
Dresdner Gedenkkultur kann die Auseinandersetzung mit der eigenen | |
Geschichte nicht enden. Sie sollte nun erst richtig beginnen. | |
Auf der einen Seite stehen dabei jene, die radikal mit dem „Opfermythos | |
Dresden“ brechen wollen – auf der anderen solche, die im Zusammenhang mit | |
dem Leid, das sie selbst oder eigene Vorfahren erlebt haben, schnell an | |
nationalistische Klischees anknüpfen. Erst, dass diese Differenzen in der | |
Vergangenheit offen ausgetragen wurden, hat es ermöglicht, dass auch die | |
breite Dresdner Bevölkerung gezwungen war, neu über ihren Umgang mit der | |
Geschichte nachzudenken. | |
Die Debatte von Dresden zeigt, dass auch 67 Jahre nach dem Ende des Zweiten | |
Weltkrieges die Interpretation der deutschen Geschichte nicht beendet ist. | |
Sie muss auch künftig dort geführt werden, wo rechtes Gedankengut häufig | |
entsteht und in Dresden entstanden ist: In der Mitte der Gesellschaft. | |
14 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Kaul | |
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