# taz.de -- Reaktionen auf Wulffs Rücktritt: Linke wollen auch mitreden | |
> Die Opposition begrüßt den Rücktritt von Wulff und Merkels Angebot, | |
> zusammen einen Nachfolger zu finden. Doch es wird auch Kritik an der | |
> Kanzlerin laut. | |
Bild: Hier stimmt doch was nicht. Suchen Sie die Fehler im Bild. | |
BERLIN taz/dapd | Nach der Erklärung von Christian Wulff hat der | |
CSU-Vorsitzende Horst Seehofer dem zurückgetretenen Bundespräsidenten | |
"ungeteilten Respekt" gezollt: "Mit diesem Schritt rückt Christian Wulff | |
die Würde und die Bedeutung des höchsten Staatsamtes an die erste Stelle", | |
erklärte Seehofer. "Niemand hat sich diesen bedauerlichen Gang der Dinge | |
gewünscht. Aber alle sind jetzt dazu aufgerufen, dieser Situation gerecht | |
zu werden und mit Achtung vor dem Amt des Bundespräsidenten zu handeln." | |
Der FDP-Bundesvorsitzende Philipp Rösler hat den Rücktritt von | |
Bundespräsident Christian Wulff mit "größtem Respekt" zur Kenntnis | |
genommen. Wulff ziehe damit die notwendigen Konsequenzen aus dieser | |
"schwierigen Situation", sagte Rösler am Freitag in Stuttgart. Es gelinge | |
damit, weiteren Schaden vom höchsten Staatsamt fernzuhalten. "Wir danken | |
Christian Wulff für seine Arbeit als Bundespräsident", sagte der | |
Wirtschaftsminister. Rösler kündigte an, die Koalitionsparteien würden sich | |
"umgehend zusammensetzen", um einen geeigneten Kandidaten für die Nachfolge | |
Wulffs zu finden. "Danach werden wir auf die anderen Parteien zugehen", | |
sagte der FDP-Chef. | |
Außenminister Guido Westerwelle zollt dem Rücktritt von Christian Wulff | |
Respekt. "Ich respektiere die Entscheidung des Herrn Bundespräsidenten", | |
sagte der FDP-Politiker am Freitag bei einem Besuch in der peruanischen | |
Hauptstadt Lima. Wulffs großes Thema sei die Integration von Menschen | |
unterschiedlicher Herkunft und Religionen in Deutschland gewesen. Damit | |
habe er sich nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland große Verdienste | |
erworben. "Wir wollen diese Arbeit fortsetzen", sagte Westerwelle. Das sei | |
auch für das Ansehen Deutschlands in der Welt von großer Bedeutung. | |
Auf die Frage nach dem Einfluss der Wulff-Affäre auf das Deutschland-Bild | |
im Ausland sagte Westerwelle: "Deutschland genießt eine sehr hohes Ansehen | |
in der Welt, auch und gerade, weil wir wissen, wie man mit schwierigen | |
Situationen umgeht." Die demokratischen Institutionen in Deutschland seien | |
zuverlässig. "Das weiß man in der Welt." Die Fortsetzung der Arbeit am | |
Thema der gesellschaftlichen Integration werde weiteres Ansehen bringen. | |
Der deutsche Chefdiplomat ist derzeit auf einer längeren | |
Lateinamerika-Reise unterwegs. Westerwelle hatte seinen Besuch am Montag in | |
Brasilien gestartet und war von dort aus nach Peru weitergeflogen. Es | |
folgen Stationen in Panama und Mexiko. Der Minister wird am Dienstag zurück | |
in Berlin erwartet. | |
## Reaktionen SPD | |
Der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner sprach sich | |
für einen gemeinsamen Kandidaten von Union und Opposition aus: "Kanzlerin | |
Merkel hat die letzten zwei Kandidaten ausgesucht und ist damit | |
gescheitert", sagte Stegner der taz. "Jetzt muss der Vorschlag ein | |
gemeinsamer sein". | |
SPD-Chef Sigmar Gabriel bot Merkel "offene und faire Gespräche ohne | |
parteitaktische Vorfestlegungen" an. "Wir brauchen eine Persönlichkeit, die | |
die Reputation des Amtes wiederherstellt", sagte Gabriel der Goslarschen | |
Zeitung und fügte hinzu: "Wir tragen alle mit, die das können." | |
Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles begrüßte "das Angebot von | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel, einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des | |
Bundespräsidenten zu finden". SPD und Grüne hatten Merkel zuvor | |
aufgefordert, sich diesmal für einen überparteilichen Kandidaten zu | |
entscheiden. | |
Unmittelbar nach dem Rücktritt hat der Parlamentarische Geschäftsführer der | |
SPD im Bundestag, Thomas Oppermann, das Gesprächsangebot der | |
Bundeskanzlerin über einen Nachfolger begrüßt. "Wir sind zu Gesprächen | |
bereit", sagte er am Freitag in Berlin. "Das setzt aber voraus, dass es in | |
der Koalition keine Vorfestlegung auf einen Kandidaten gibt." Die Gespräche | |
müssten offen geführt werden, sagte er. "Es darf keinen parteipolitischen | |
Alleingang geben." | |
## Reaktionen Grüne | |
Die Grünen dringen auf eine schnelle Beratung über die Nachfolge für den | |
zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff. Seine Partei begrüße | |
es, dass Bundeskanzlerin Merkel bereit zu überparteilichen Gesprächen sei, | |
sagte Parteichef Cem Özdemir am Freitag in Berlin. Einen entsprechenden | |
Vorschlag hätten die Grünen der Kanzlerin nach der Rücktrittserklärung | |
Wulffs per Brief zukommen lassen. | |
"Wir wollen, dass diese Gespräche so schnell wie möglich stattfinden", | |
sagte er. Ziel müsse jetzt sein, einen Bundespräsidenten zu finden, der | |
breit getragen wird "von den im Bundestag vertretenen Parteien und | |
Fraktionen, aber auch breit in der Gesellschaft Verankerung finden." Mit | |
Namen sollte man sich jedoch zunächst noch zurückhalten. Wulffs | |
Entscheidung zum Amtsverzicht hält der Grünen-Politiker indes für | |
folgerichtig: "Der Rücktritt des Bundespräsidenten war der einzig noch | |
mögliche Schritt", sagte Özdemir. | |
"Wir begrüßen, dass Angela Merkel sich unserem Vorschlag angeschlossen hat, | |
in dieser Situation einen breit getragenen Kandidaten für das Amt des | |
Bundespräsidenten zu suchen", erklärten auch die Grünen-Fraktionschefs | |
Renate Künast und Jürgen Trittin. "Nachdem nun innerhalb von zwei Jahren | |
zwei Bundespräsidenten ihre Amtszeit durch vorzeitigen Rücktritt beendeten, | |
liegt es im Interesse aller demokratischen Parteien, dem | |
besorgniserregenden Ansehensverlust des höchsten Amts im Staat entgegen zu | |
wirken", hieß es in der Erklärung weiter. | |
Auch Baden-Württembergs grüner Regierungschef Winfried Kretschmann hat den | |
Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff begrüßt. "Der Schritt war | |
unausweichlich. Nur so konnte weiterer Schaden vom Amt des | |
Bundespräsidenten abgewendet werden", sagte Kretschmann am Freitag in | |
Stuttgart laut Mitteilung. "Ich bin erleichtert über den Rücktritt von | |
Bundespräsident Wulff." | |
## Linkspartei fühlt sich übergangen | |
Der thüringische Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag Bodo Ramelow | |
kritisierte Merkels Ankündigung einer gemeinsamen Kandidaten-Suche mit SPD | |
und Grünen. "Ich habe zur Kenntnis genommen, dass sich die Kanzlerin mit | |
allen Parteien außer der Linken über einen neuen Kandidaten zu verständigen | |
sucht", sagte Ramelow der taz. "Damit erklärt diejenige, die in ihrer | |
Amtszeit für zwei Bundespräsidenten-Rücktritte die Verantwortung trägt, das | |
Amt zur politischen Beute. Diese Art des Postenschacherns beschädigt das | |
Amt endgültig." | |
Auch Linke-Chef Klaus Ernst forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, | |
einen überparteilichen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt | |
vorzuschlagen. "Wir bräuchten einen Kandidaten, der von allen akzeptiert | |
werden kann. Das wäre jetzt Aufgabe der Kanzlerin, so einen Vorschlag zu | |
machen", sagte Ernst beim zweiten Parlamentariertag der Linken in Kiel. Die | |
Linken seien gesprächsbereit. | |
Die Piratenpartei verlangt nach dem Rücktritt von Christian Wulff eine | |
schonungslose Aufklärung aller Vorwürfe gegen das Staatsoberhaupt. "Der | |
Verdacht der Vorteilsnahme im Amt wiegt schwer", sagte der stellvertretende | |
Parteivorsitzende, Bernd Schlömer am Freitag in Berlin. Er fügte hinzu: | |
"Unabhängig vom Rücktritt muss es zu einer gründlichen Aufklärung der | |
Vorwürfe kommen." | |
17 Feb 2012 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wulff nach dem Rücktritt: Mein lieber Herr Gesangsverein! | |
Nach seinem Rücktritt gönnt sich Christian Wulff ein Rücktrittsbier – am | |
Stammtisch der Ex-Bundespräsidenten im Bürgerbräukeller. Die taz | |
dokumentiert das Gespräch. | |
Public Viewing zum Wulff-Rücktritt: "Wulff ist Opfer" | |
Der Bundespräsident tritt zurück und Deutschland schaut zu. Zum Beispiel in | |
einem Döner-Restaurant in Berlin-Kreuzberg. Hier hört man erstaunliche | |
Aussagen. | |
Wulff-Witze im Netz: Mr. Bundespräsidon't | |
Schon kurz vor Wulffs Rücktritt brach der Kommentarsturm über Twitter | |
herein. Ob nun Karnevalswagen verbrannt würden? Oder Markus Lanz | |
Bundespräsident werde? | |
Kommentar Affäre Wulff : Null Toleranz für Schnäppchenjäger | |
Franz-Josef Strauß wäre niemals über seine Amigos gestolpert. Der Fall | |
Wulff zeigt, dass sich die deutsche Gesellschaft geändert hat. Der Grund: | |
die zunehmende soziale Spaltung. | |
Kommentar Rücktritt Wulff: Merkel braucht den Konsenspräsi | |
Der nächste Präsident kann nicht aus dem politischen Establishment kommen. | |
Dort gibt es zu viele, die Promifreunde und Elitenklüngel zu wichtig | |
nehmen. | |
Bundespräsident zurückgetreten: Wulff ist weg, Merkel sucht Nachfolger | |
Bundespräsident Christian Wulff erklärt seinen Rücktritt. Bundeskanzlerin | |
Merkel zollt ihm Respekt. Wulffs Nachfolger soll gemeinsam mit der | |
Opposition abgestimmt werden. | |
Wulff tritt ab: Fünf mögliche Präsidenten | |
Zwei Monate lang fast jeden Tag ein neuer Vorwurf – doch Bundespräsident | |
Wulff ließ alles an sich abprallen. Nun ist er zurückgetreten. Wer folgt | |
ihm? |