# taz.de -- Kommentar Eurovision Song Contest: Menschenrechtspolitischer Glück… | |
> Den ESC in Baku zu boykottieren ist falsch. Nur weil der Popevent dort | |
> stattfindet, werden Menschenrechte und Demokratie in Aserbaidschan | |
> überhaupt thematisiert. | |
Dass die Lage der Menschenrechte, überhaupt der Demokratie in | |
Aserbaidschan, nun in die mitteleuropäische Debatte gerät, ist gut. Was | |
denn sonst? Ohne den Sieg beim Eurovision Song Contest voriges Jahr in | |
Düsseldorf wäre dieses kaukasische Land nicht zum Privileg gekommen, das | |
Popevent auszurichten - und niemand hätte sich für die Kosten der | |
marktwirtschaftlich-rechtsstaatsarmen Freiheit dort interessiert. | |
Das Regime in Baku wird sich im Lichte dieses Ereignisses Ende Mai sonnen. | |
Auch hier gilt: Was denn sonst? Dieser Effekt kann nicht unterlaufen | |
werden, so sehr man dies auch wollen könnte. Dieses Land möchte sich als | |
modern, ökonomisch anschlussfähig und prosperierend darstellen - und der | |
Sieg beim ESC voriges Jahr ist ein Schlüssel dazu. Die Siegenden performten | |
zu einem Act, der in skandinavischen Popstuben gefertigt wurde und also | |
moderner klang als das, was in Aserbaidschan üblich ist. | |
In Aserbaidschan brach beim ESC-Sieg fettester Jubel aus. Menschenrechtler | |
in Baku möchten unbedingt, dass 10.000 Journalisten, Fans und Künstler samt | |
Entourage im Mai in ihr Land, in ihre Stadt kommen. Ein Eurovision Song | |
Contest bedeutet ihnen: Dass ihre Anliegen erörtert und medial | |
transportiert werden. Dass sie also durch die Debatte selbst auf gewisse | |
Weise geschützt werden, denn ihre Kämpfe bleiben dann nicht mehr unsichtbar | |
für andere. | |
Boykottaufrufe laufen ohnehin ins Leere. Wer diesen ernsthaft Glauben | |
schenkt, muss Ländern wie Aserbaidschan oder Georgien oder Russland | |
überhaupt vor allem dies sagen: Ihr dürft jetzt nicht mehr an diesem | |
Contest teilnehmen, nicht mehr an sportlichen Ereignissen (Fußball, | |
Olympia). Dass der ESC in Baku zelebriert wird, könnte | |
menschenrechtspolitisch ein Glücksfall sein. | |
17 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
Jan Feddersen | |
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