| # taz.de -- Suche nach Wulff-Nachfolge fortgesetzt: Das unattraktive Amt | |
| > Die Suche nach einem Bundespräsidenten soll am Sonntag im Kanzleramt | |
| > weitergehen. Die SPD möchte keinen Kandidaten vorgesetzt bekommen. Und | |
| > auch Wulffs Ehrensold wird debattiert. | |
| Bild: Warten auf einen Namen: Kameras ausgerichtet aufs Kanzleramt, wo die Bera… | |
| BERLIN dpa/afp | Die schwierige Suche nach einem Konsenskandidaten für das | |
| Amt des Bundespräsidenten geht weiter. Nach der Absage von | |
| Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle wollen sich die Spitzen von | |
| Union und FDP an diesem Sonntag erneut im Kanzleramt treffen, um einen | |
| Nachfolger für das zurückgetretene Staatsoberhaupt Christian Wulff zu | |
| finden. Die SPD warnt die Koalition davor, einen Kandidaten zu präsentieren | |
| und ihr nur die Wahl zu lassen, zuzustimmen oder abzulehnen. In diesem Fall | |
| werde die SPD einen eigenen Bewerber ins Rennen schicken. Gesucht wird ein | |
| Kandidat, der parteiübergreifend akzeptiert wird und eine breite Mehrheit | |
| in der Bundesversammlung findet. | |
| Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte Kanzlerin Angela Merkel in der | |
| Bild am Sonntag auf, ohne Vorfestlegung in die Gespräche mit der Opposition | |
| zu gehen. "Wir machen nicht mit, wenn wir nach der Methode "Friss Vogel | |
| oder stirb" einen Kandidaten vorgesetzt bekommen." Zugleich machte er klar: | |
| "Wenn Frau Merkel und die CDU/CSU/FDP-Koalition keine ernsthaften Gespräche | |
| mit uns und den anderen Parteien im Bundestag führt, wären wir in der | |
| Pflicht, einen besseren Gegenvorschlag zu machen. Ich hoffe nicht, dass es | |
| dazu kommt." Gabriel bekräftigte, dass Joachim Gauck der Favorit der SPD | |
| für das höchste Staatsamt bleibe. "Er täte unserem Land gut und hätte | |
| großes Vertrauen bei den Bürgern." | |
| Offen ist zunächst, ob es an diesem Sonntag bereits ein Treffen der | |
| Koalitionsspitzen mit SPD und Grünen geben wird. CSU-Chef Horst Seehofer | |
| hofft auf eine schnelle Einigung. Er sagte am Samstag nach einer | |
| Präsidiumssitzung der CSU, er nehme an, dass die Suche beim Treffen der | |
| Koalition "eine Schlussdynamik erhält". | |
| Allerdings gestaltet sich die Suche schwieriger als gedacht. Merkels erster | |
| Anlauf für einen Konsenskandidaten scheiterte. Alle Beteiligten hatten sich | |
| nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa in Berlin darauf geeinigt, | |
| als Nachfolger für Wulff den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, | |
| Andreas Voßkuhle, vorzuschlagen. Der 48-Jährige lehnte aber nach kurzer | |
| Bedenkzeit ab. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) steht nicht | |
| zur Verfügung, wie Seehofer in München berichtete. Lammert habe offenbar | |
| von Anfang an keine Präferenz für dieses Amt gehabt, sagte er. | |
| ## Kein wochenlanger Wahlkampf | |
| Als weiterer möglicher Kandidat wurde der frühere Ratsvorsitzende der | |
| Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, genannt. Auch gegen | |
| ihn gibt es in der schwarz-gelben Koalition aber Vorbehalte. Am | |
| Samstagabend fiel in Verhandlungskreisen der Name von Frankfurts | |
| Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU). Die 67-Jährige will sich im März nach | |
| 17 Jahren von ihrem Amt zurückziehen. Auch in der CSU-Präsidiumssitzung | |
| wurde über Roth gesprochen. | |
| Trotz der Schwierigkeiten geht Saarlands Ministerpräsidentin Annegret | |
| Kramp-Karrenbauer von einer Verständigung von Koalition und Opposition aus. | |
| "Ich bin der festen Überzeugung, dass es einen gemeinsamen Vorschlag und | |
| einen sehr überzeugenden Vorschlag geben wird", sagte die CDU-Politikerin | |
| am Sonntag im Deutschlandfunk. Dies erwarteten jetzt auch die Menschen. | |
| "Das, was sie sicherlich nicht wollen, wäre ein wochenlang geführter | |
| Wahlkampf zwischen möglichen Kandidaten aus unterschiedlichen Lagern, der | |
| schon einen Vorgeschmack auf die Bundestagswahl im nächsten Jahr geben | |
| würde." | |
| Die Bundesversammlung muss bis zum 18. März ein neues Staatsoberhaupt | |
| wählen. Wulff hatte 2010 erst im dritten Wahlgang die nötige Mehrheit | |
| erreicht. Seitdem ist Mehrheit von Schwarz-Gelb auf einige wenige Stimmen | |
| geschrumpft. | |
| Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete gegen Wulff am Samstag ein | |
| Ermittlungsverfahren ein, nachdem mit dem Rücktritt die Immunität | |
| weggefallen war. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident steht im | |
| Verdacht, Vergünstigungen von befreundeten Unternehmern angenommen zu | |
| haben. | |
| ## Verlorenes Vertrauen zurückgewinnen | |
| Unterdessen geht die Debatte weiter, ob Wulff den "Ehrensold" von 199.000 | |
| Euro jährlich erhalten soll, der ehemaligen Bundespräsidenten lebenslang | |
| zusteht. Altbundespräsident Walter Scheel riet Wulff in der Bild am | |
| Sonntag, auf die Pension zu verzichten: "Damit könnte er beim deutschen | |
| Volk verlorenes Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen." | |
| In einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Zeitung forderten auch 78 Prozent der | |
| Befragten, dass Wulf auf die lebenslangen Bezüge verzichten soll. Nur 19 | |
| Prozent hielten die Pension für angemessen. SPD-Chef Sigmar Gabriel | |
| verlangte in der Frage äußerste Transparenz. "Ob Christian Wulff seinen | |
| Ehrensold erhält oder nicht - diese Entscheidung muss die Regierung | |
| öffentlich und juristisch nachvollziehbar begründen", sagte Gabriel der | |
| Zeitung. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erklärte, er sehe "keinen | |
| Grund" für einen Verzicht. | |
| 19 Feb 2012 | |
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