# taz.de -- Verkehr: Luftfahrtbranche zahlt zu wenig | |
> Die Fluggesellschaften berappen in diesem Jahr wohl 100 Millionen Euro | |
> weniger für Klimaabgaben als ursprünglich geplant – wegen falscher | |
> Annahmen der Regierung. | |
Bild: Billige Energie: Fluggesellschaften zahlen keine Kerosinsteuern. | |
BERLIN taz | Trotz der Einbeziehung des Luftverkehrs in den Handel mit | |
CO2-Verschmutzungszertifikaten wird die finanzielle Belastung der | |
Luftverkehrsbranche in diesem Jahr nicht höher sein als im vergangenen | |
Jahr. Damit könnten rund 100 Millionen Euro weniger in die öffentlichen | |
Kassen kommen als ursprünglich geplant. Das jedenfalls befürchtet die | |
Grünen-Finanzexpertin Lisa Paus. Sie beruft sich auf ein Schreiben des | |
Bundesfinanzministeriums, das der taz vorliegt. | |
Darin zeige sich, so Paus, dass die Bundesregierung mit einem zu hoch | |
angesetzten Preis für CO2-Verschmutzungszertifikate kalkuliere – woraus das | |
Minus für den Staat und das Plus für die Fluggesellschaften resultiert. | |
Ziel der Bundesregierung ist es, durch die im vergangenen Jahr eingeführte | |
Luftverkehrssteuer und die Einbeziehung der Luftverkehrsbranche in den | |
Handel mit Verschmutzungszertifikaten des klimaschädlichen Gases | |
Kohlendioxid (CO2) jährliche Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde Euro zu | |
erzielen. | |
Im vergangenen Jahr, als die Fluggesellschaften noch keine | |
CO2-Verschmutzungszertifikate erwerben mussten, nahm der Staat allerdings | |
nur 905 Millionen ein. Dennoch senkte die Bundesregierung die Sätze der | |
Luftverkehrssteuer um 6,3 Prozent. Das Argument dafür war, dass die | |
Fluggesellschaften durch den Emissionshandel zusätzlich belastet würden. | |
## Angenommene Belastung der Fluggesellschaften | |
So betont das Bundesfinanzministerium: "Die Bundesregierung geht davon aus, | |
dass die Einnahmen aus der Luftverkehrssteuer und den Erlösen aus der | |
Versteigerung von Emissionszertifikaten an die Fluggesellschaften in der | |
geplanten Höhe erreicht werden." Diese Aussage bezweifelt Paus jedoch. Denn | |
als Preis für ein Zertifikat setzt das Bundesfinanzministerium 15,33 Euro | |
an – viel zu hoch, wie Paus findet. Am Freitag lag der Preis bei 7,60 Euro. | |
Wird der Preis für CO2-Zertifikate zu hoch angesetzt, erhöht sich auch die | |
angenommene Belastung der Fluggesellschaften. Da deren Gesamtbelastung bei | |
1 Milliarde pro Jahr gedeckelt ist, kann in diesem Fall die | |
Luftverkehrssteuer gesenkt werden. Zahlen die Fluggesellschaften letztlich | |
weniger für ihre CO2-Zertifikate, sparen sie Geld – und der Staat | |
verzichtet auf Einnahmen. Paus: "Mit der Absenkung der Steuersätze betreibt | |
die Bundesregierung bei der Luftverkehrssteuer unseriöse Haushaltspolitik | |
und ist wieder einmal vor den Lobbyinteressen der Luftverkehrsbranche | |
eingeknickt." | |
Grundsätzlich begrüßen die Grünen aber die deutsche Luftverkehrssteuer, die | |
alle Fluggesellschaften zahlen müssen, die von deutschen Flughäfen starten. | |
Allerdings bleibe die Steuer hinter einer ökologischen Luftverkehrsabgabe | |
zurück, so Paus. "Die Luftfahrtbranche ist hochprivilegiert." Während | |
Diesellocks und Benzinautos mit versteuertem Treibstoff führen, müssten | |
Fluggesellschaften keine Kerosinsteuern zahlen. Bei Auslandsflügen | |
verzichte der Fiskus auf die Mehrwertsteuer. | |
20 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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