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# taz.de -- Berliner Kulturprojekt: "Viva Schoko!"
> Ein etwas runtergerocktes Wohnzimmer: Der Charme des Schokoladens zeigte
> sich bei der Marathonparty am Samstag. Es wurde gefeiert, dass der Club
> nicht geräumt wird.
Bild: Hier kann künftig wieder in Ruhe ohne alle Räumungspanik ein Bier getru…
Bevor es weitergehen kann mit dem nächsten Konzert im Schokoladen, müssen
erst mal die Stühle weggeräumt werden. Es ist voll geworden an diesem
Samstagnachmittag in dem Club in der Ackerstraße, die Leute wollen tanzen.
Grund zum Feiern gibt es genug: Am Freitag wurde bekannt, dass die für
Mittwoch angesetzte Räumung des alternativen Kulturprojekts in Mitte
abgewendet wurde. Bis Ende März wollen Betreiber, Senat und Eigentümer eine
Lösung finden.
Das Plakat mit der Aufschrift "Räumung verhindern" hängt trotzdem noch über
der Bühne, auf der an diesem Samstag ein 14-stündiger Konzert- und
Partymarathon stattfindet - ursprünglich war er als Auftakt der
Aktionswoche gegen die Räumung geplant. Die Luft ist verraucht, die
Stimmung entspannt, das Publikum eher über als unter 30. Viele Besucher
kennen sich, und gerade in der Nachmittagsstimmung wirkt der Schokoladen
wie ein charmantes, etwas runtergerocktes Wohnzimmer. Die weinroten Wände
sind mit goldenen Ornamenten verziert, der Tresen mit einer Blumengirlande
geschmückt. Das Bier kostet 2,50 Euro - inzwischen ein ziemlich
unschlagbarer Preis in Mitte.
## Kleine, feine Konzerte
Auf der Bühne spielt die Berliner Musikerin Kitty Solaris gegen 16 Uhr als
zweite Band des Tages. Sie gehört zu dem Kreis von Künstlern, die schon
lange eng mit dem Hausprojekt verbunden sind. Ihre erste Single nahm sie
vor zehn Jahren im dortigen Studio auf. Mittlerweile hat sie sich nicht nur
als Musikerin einen Namen gemacht, sondern organisiert auch eine
Konzertreihe: Zweimal im Monat lädt sie zur Lo-Fi-Lounge in den
Schokoladen; es spielen internationale Bands und lokale Newcomer.
In letzter Zeit habe sie Anfragen von größeren Clubs bekommen, die Reihe
doch zu verlegen, berichtet Kitty Solaris, die eigentlich Kirsten Hahn
heißt. Für sie ist das aber keine Option: "Der Schokoladen ist der ideale
Ort für mich." Groß genug, um richtige Rockkonzerte stattfinden zu lassen,
aber so familiär, dass sie auch mal unbekannte Bands einladen kann. "Hier
habe ich Raum für Experimente, ich kann tolle Konzerte veranstalten, die
trotzdem nicht viel Eintritt kosten - und weil wir keinen Profit machen
wollen, kriegen die Bands den Großteil der Einnahmen", sagt Hahn. Außerdem
liebt sie das gemischte Publikum. "Zu uns kommen Studenten, junge Künstler
- aber auch der ältere Herr aus der Nachbarschaft."
Wer sich im Schokoladen umsieht, kann ihren Eindruck nachvollziehen.
Tatsächlich ist er in seiner Mischung aus Wohnprojekt, linker Kneipe,
Konzertraum und Club ziemlich einzigartig in Berlin - und besonders im
durchgentrifizierten Mitte. Trotzdem will das Projekt keine isolierte Insel
sein, so Sprecherin Anja Gerlich: "Wir sind ein Kiezprojekt mit gewachsenen
Strukturen in der Nachbarschaft."
Dass die Räumung erst mal vom Tisch ist, freut sie natürlich. Aber jetzt
müssten auf die Absichtserklärungen Taten folgen. "Wir kämpfen für den
Erhalt des Schokoladens, aber auch für alle anderen Freiräume in dieser
Stadt. Ein Feigenblatt für eine Politik, die viel zu wenig gegen
Verdrängung tut, sind wir nicht."
Ihr Konzert ist vorbei, mit dem Ausruf "Viva Schoko!" verabschiedet sich
Kitty Solaris. Die Party wird aber noch eine Weile weitergehen. Und wenn
alles gut ausgeht für den Schokoladen, werden viele weitere folgen.
19 Feb 2012
## AUTOREN
Malene Gürgen
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