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# taz.de -- Nichtraucherschutz gekippt: Dicke Luft in Hamburg
> Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf in Hamburgs
> Gaststätten vorerst wieder gequalmt werden. Der SPD-Senat will ein
> komplettes Rauchverbot.
Bild: Raucherraum: In Hamburg dürfen diese Räume nun auch in Speisegaststätt…
HAMBURG taz | Das Hamburger Nichtrauchergesetz ist gekippt. Das hat das
Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil
entschieden. Ab sofort darf nun auch in separaten Raucherräumen von
Speisegaststätten wieder gequalmt werden.
Hamburg kann aber eine gesetzliche Neuregelung vornehmen und ein striktes
Rauchverbot ohne Ausnahmen in allen Gaststätten erlassen.
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) kündigte an, den
Beschluss "exakt umzusetzen". Sie wolle "konsequenten Gesundheitsschutz und
die Gleichbehandlung der Gastronomie in Einklang bringen".
Als einziges Bundesland hat die Hansestadt in ihrem seit 1. Januar 2010
geltenden Passivraucherschutzgesetz das Rauchen in allen Gaststätten
verboten, in denen gegessen wird. In Bayern und im Saarland gilt ein
generelles Rauchverbot, in allen anderen Bundesländern sind Raucherbereiche
unabhängig davon zugelassen, ob dort Speisen angeboten werden oder nicht.
Die Hamburger Regelung führte zur Etablierung reiner Raucherkneipen,
während in Speiselokalen das Rauchen auch in abgetrennten Bereichen nicht
gestattet ist. Eben dieser Passus verstoße "gegen die Freiheit der
Berufsausübung", stellt nun das höchste deutsche Gericht klar.
Damit gab es der Klage der Wirtin Bärbel Uliczka, Betreiberin einer
Autobahngaststätte an der A7 statt. Sie wollte einen separaten Clubraum zum
Raucherzimmer machen, weil 80 Prozent ihrer Gäste rauchende LKW-Fahrer
seien. Diese könnten ihre Pausen problemlos wenige Kilometer weiter auf
raucherfreundliche Lokale in den benachbarten Bundesländern verlegen.
"Wir freuen uns für alle Gastronomen in Hamburg", kommentierte Uliczka, die
selbst Nichtraucherin ist und durch das Verbot viele Stammkunden verloren
hat. "Wir wollen gerne den einen schützen, aber dafür kann man nicht den
anderen entmündigen", sagte die 60-Jährige.
Das Bundesverfassungsgericht begründet seine Entscheidung damit, es seien
"keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgebracht worden, nach denen die
Verbindung von Essen und Passivrauchen zu einer besonderen
Schadstoffbelastung der nicht rauchenden Gäste führt". Zudem seien
Raucherräume "vom Speisebereich so wirksam abzutrennen, dass eine
Gefährdung durch Passivrauchen ausgeschlossen wird". Auch den angeführten
Gesundheitsschutz des Personals lässt das Gericht nicht gelten. Es gebe
keinen rechtlichen Grund, Angestellte in Speisegaststätten besser zu
schützen als in Schankwirtschaften - und umgekehrt.
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga fordert nun "eine sachgerechte
Lösung". Zudem prüfe er Schadenersatzansprüche gegen die Stadt Hamburg,
weil viele Betriebe in getrennte Raucherräume investiert hätten. Ein
generelles Rauchverbot fordert die Ärztekammer Hamburg: "Konsequenter
Nichtraucherschutz funktioniert nur ganz oder gar nicht."
Die Grünen, die in der schwarz-grünen Koalition die jetzt für nichtig
erklärte Regelung mitgetragen hatten, wollen nun "eine komplett qualmfreie
Gastronomie", CDU und FDP hingegen möchten Wirten und Gästen die
Entscheidung überlassen, ob sie Raucherräume einrichten oder aufsuchen. Die
SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft indes will vor allem Rechtssicherheit. Sie
kündigte "eine verfassungskonforme Korrektur" an.
21 Feb 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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