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# taz.de -- Moldawischer Pop: Westwärts mit dem Folkloreturbo
> Die Band Zdob si Zdub rockt von Moldawien aus den Westen. Das geschieht
> ohne Schweinepop und Russendisko, sondern mit modernisiertem Folk.
Bild: Zdob si Zdub inszenieren sich doch ein wenig als Balkanpop-Band.
Moldawien ist ein kleines Land im Südostzipfel von Europa, eingeklemmt
zwischen Rumänien und der Ukraine und fast vergessen von der Welt. Früher
war es der Gemüsegarten der Sowjetunion. Heute ist es eher ein Armenhaus
mit einer beeindruckenden Stretchlimousinen-Dichte, weil ohne so ein
Fahrzeug nicht geheiratet werden kann im Land.
Gesprochen wird in Moldawien Rumänisch, das man aber für etwas nation
building dennoch Moldauisch nennt, während die Handelssprache in der
ehemaligen Sowjetrepublik eher Russisch ist.
Musikalisch mitgeteilt hat sich Moldawien der Welt bis dato vor allem mit
"Dragostea din tei" von der Boygroup O-Zone, die mit diesem hübschen
Kirmestechnotrack 2004 einen rundum so geschätzten Sommerhit landeten, dass
man sogar Khmer-Versionen von "Dragostea din tei" für den kambodschanischen
Markt finden kann.
## Herzhaftes Balkangebläse
Sonst gibt in Moldawien vor allem die heimische Folklore den Ton an, die
wiederum der traditionellen Musik Rumäniens zum Verwechseln ähnlich klingt.
Sie lässt sich mit ihren komplexen Rhythmen und exzentrischen Melodien wie
eigentlich noch jede osteuropäische Folklore nicht in so eine
Musikantenstadl-Volkstümlichkeit ummünzen, wie sie hierzulande gepflegt
wird. Ohne diesen musikalischen Hausschatz passiert wenig.
Namen, die man sich durchaus merken könnte, wären zum Beispiel die Band
Trigon um den Geiger Anatol Stefanet, der die Folklore Richtung Jazz
weiterdenkt. Oder Doina Sulac, die sich mit sachten Electrobeats von der
Folklore auf den Dancefloor tastet. Und die auch in Deutschland bereits
wenigstens semiprominenten Zdob si Zdub, die Folklore auf Rock prallen
lassen.
Weil sich die vier Millionen Moldawier gar nicht groß um Spartendenken mit
seiner Unterscheidung von Schlager und Pop kümmern, verdankt man der Band
auch die vergnüglichsten Minuten der jüngeren
Eurovision-Song-Contest-Geschichte. Gleich zweimal vertraten Zdob si Zdub
dabei ihr Land. 2005 mit "Boonika Bate Doba" (damals waren sie mit einer
trommelschlagenden Rentnerin auf der Eurovision-Bühne) und im vorigen Jahr
mit "So Lucky".
## Ins Herz von Europa
Dieser Diskorocker mit dem herzhaften Balkangebläse zwischendurch findet
sich jetzt auch auf "Basta Mafia!", dem aktuellen Album von Zdob si Zdub,
das zu Teilen in Berlin aufgenommen wurde und überhaupt wohl als ein
Dokument gehört werden muss, dass es jetzt weiter westwärts gehen soll für
die Band, hinein ins Herz von Europa.
Im Vergleich zu den früheren Veröffentlichungen hat man die Zahl der in
Englisch gesungenen Titel deutlich nach oben gestemmt, und über längere
Strecken des Albums scheinen Zdob si Zdub wegkommen zu wollen von ihrem
Image als der räudige randeuropäische Bastard, der immer nur zwischen
Russendisko, Schweinerock und Folklorepunk streunt.
Lieber sehen sie sich selbst als eine Alternative-Rockband, die bei Bedarf,
wenn der Zufall sie tatsächlich mal in die Stadionliga katapultieren würde,
neben dem Rocken und stoßfesten Humor auch genau die großherzigen Melodien
im Angebot hätte, die man zum Schmettern im Stadion braucht.
Das alles ist so rechtschaffen und etwas langweilig wie bei den Heerscharen
von globalisierten Alternativerockern weltweit auch. Bis der Folkloreturbo
gezündet wird, was wenigstens bei einer guten Handvoll Songs bei "Basta
Mafia!" auch passiert.
Wenn der Funk um die Balkanbeats gebogen wird und sich Rock mit einer
Blaskapelle misst, wippt man wieder gern mit in der Musik. Auch für Zdob si
Zdub gilt: Ohne Folk passiert in Moldawien wenig
22 Feb 2012
## AUTOREN
Thomas Mauch
## TAGS
Republik Moldau
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