# taz.de -- Kommentar Griechenlandhilfe: Das Unbehagen in der Koalition | |
> Die Bundeskanzlerin nimmt die Bedenken ihrer eigenen Koalition zur | |
> Griechenlandhilfe nicht auf. Die Koalitionspartner profilieren sich nun | |
> auf ihre Kosten. | |
Innenminister Hans-Peter Friedrich hat ein Tabu gebrochen. Indem der | |
CSU-Mann einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone empfiehlt, stellt er | |
sich gegen die offizielle Linie der Kanzlerin und der Bundesregierung. | |
Welch eine absurde Situation kurz vor der Abstimmung über neue | |
Griechenland-Hilfen: Während SPD und Grüne wieder mal den Schulterschluss | |
mit Angela Merkel suchen, wirbt ein Kabinettsmitglied für einen radikalen | |
Kurswechsel. Für Merkel ist diese Brüskierung mehr als peinlich, offenbart | |
sie doch, wie groß das Unbehagen in der Koalition an ihrem Kurs inzwischen | |
ist. | |
Taktisch ließe sich Friedrichs Einlassung als Profilierungsversuch deuten. | |
In der CSU kommt die Erzählung, deutsches Steuergeld dürfe nicht in einem | |
Fass ohne Boden verschwinden, gut an. Doch Friedrich allein dieses Motiv zu | |
unterstellen, greift zu kurz. Der Ökonom hält einen Austritt Griechenlands | |
seit langem für die günstigere Lösung. | |
Und: Immer mehr in der Koalition denken so wie er. Es sind nicht mehr nur | |
die bekannten sogenannten Abweichler im Bundestag, die die Entwicklung in | |
Griechenland skeptisch sehen. Merkel müsste diese größer werden Bedenken | |
aufnehmen - und Überzeugungsarbeit leisten. | |
Und genau hier liegt ihr Versagen. Sie wirbt intern zwar völlig richtig | |
dafür, Griechenland unbedingt in der Eurozone zu halten, weil die Risiken | |
eines Austritts überwiegen. Doch aus Furcht vor den widerwilligen | |
Abgeordneten hält sie am Mythos fest, das jetzt zu beschließende Hilfspaket | |
wäre endgültig das letzte für die überschuldeten Griechen. | |
Dies aber ist unrealistisch: Wer Griechenland dauerhaft in der Eurozone | |
halten will, muss noch jahrelang großzügig helfen. Diese Wahrheit ist die | |
Eurozonen-Verteidigerin Merkel ihren Leuten schuldig. | |
26 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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