# taz.de -- Kommentar Frauenquote: Frauen in die Redaktionsleitungen! | |
> Frauen bieten bessere Kommunikation und vielseitigere Sichtweisen. Und | |
> ja, es gibt tatsächlich auch Leserinnen, die als Zielgruppe ins Auge | |
> gefasst werden sollten. | |
Eine Frauenquote für die Medien fordern zahllose JournalistInnen heute in | |
einem Brief an ihre Chefs. Warum? Weil Maybrit Illner und Anne Will | |
verdecken, dass die Redaktionsleitungen eine ähnlich schlechte Frauenquote | |
haben wie die deutschen DAX-Unternehmen. | |
Wenn führende Journalisten ihre Medien beschreiben, müffelts oft etwas | |
komisch: Gabor Steingart, Chefredakteur des Handelsblatts, zum Beispiel | |
meint, "die Kultur in den Wirtschafts- und Finanzzeitungen hat Ähnlichkeit | |
mit einem Western-Countryclub. Es riecht nach T-Bone-Steak, nach | |
Countrymusik und nach Herrenwitz." Erheblich schlechter als T-Bone-Steaks | |
riechen die "300 testosterongesteuerten Bullen", die Spiegel-Autor Matthias | |
Matussek einst in seiner Redaktion ausmachte. | |
Mit anderen Worten: Es ist ein Reich der Zurückgebliebenen. Menschen, die | |
meinen, ihre Biologie steuere sie. (Aber wussten Sie: Auch zu wenig | |
Testosteron macht aggressiv?) Die sind ganz eindeutig nicht auf eine | |
deutsche Grundschule von heute gegangen, in der Kinder mit sieben lernen, | |
dass man einander zuhört und Bullying ganz und gar nicht cool ist. | |
Verwundert es noch irgendwen, wenn Frauen darauf verzichten, auf der | |
Bullenkoppel zu arbeiten? Einzelne Exemplare werden immer mal wieder | |
gesichtet, manchmal nicht sehr lang, manchmal so sehr um Contenance bemüht, | |
dass sie immer angestrengter werden. Aber es wird hell am Horizont. Denn | |
der Mann von heute will nicht nur Bulle sein, er will auch da sein, wo vorn | |
ist. | |
Und vorn ist man neuerdings mit Frauen. Bessere Kommunikation, | |
vielseitigere Sichtweisen, und ja, es gibt tatsächlich auch LeserINNEN, die | |
in einem schrumpfenden Markt als Zielgruppe ins Auge gefasst werden | |
sollten. Steingart hat es erfasst: "Man muss lernen zu hören, was wollen | |
die anderen? Was will das andere Geschlecht? Was wollen auch unsere neuen | |
Leserinnen?" Ein Mann will zuhören, der Fortschritt ist nah. | |
Für alle anderen, die der Steingartschen Erleuchtung (ja, er will eine | |
Quote im Handelsblatt) noch nicht teilhaftig wurden, gibt es eine kleine | |
Nachhilfe: Wenn man nicht weiß, wie mit dem anderen Geschlecht umgehen, | |
empfehlen JournalistInnen ein probates Mittel: Befördern Sie ein paar von | |
denen! Setzen Sie ein Ziel: 30 Prozent Frauen in Topjobs etwa. Probieren | |
Sie es aus, Sie werden erstaunliche Erfahrungen machen. Und garantiert: Der | |
Geruch wird besser. | |
27 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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