# taz.de -- Comeback alternativer Konsumstile: Hip statt Hippie | |
> Tauschen, teilen, handeln, verschenken: Gegen den Ausverkauf der | |
> begrenzten Ressourcen helfen alternative Konsumstile in echten wie in | |
> virtuellen Netzwerken. | |
Bild: Geboren, um zu teilen: Affen. | |
Tauschringe, Erzeugergemeinschaften, Car-Sharing und eine globale | |
Netzgemeinde, die tauscht, teilt, handelt, verschenkt und neue Techniken | |
der Gemeinsamkeit als selbstverständlichen Lebensstil praktiziert: | |
Alternative Konsum- und Produktionsstile erleben ein Comeback. Hip statt | |
Hippie! Vorerst in einer kleinen, überschaubaren Community. Und doch: Wird | |
der Mainstream folgen? | |
Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, sind gewaltig: | |
Klimakrise, Peak-Oil, Erschöpfung wichtiger Rohstoffe und das Verschwinden | |
von Tieren und Pflanzen führen drastisch vor Augen, dass unser Hyperkonsum | |
auf Kosten der Zukunft geht. Nachhaltigkeit zählt zwar inzwischen selbst | |
bei Ölkonzernen zur sogenannten Firmenphilosophie. Aber nachhaltig ist | |
unser Wirtschaftssystem deswegen noch lange nicht. | |
Und offensichtlich glauben viele Menschen auch nicht mehr daran, dass wir | |
alleine mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien, dick gedämmte Wohnhäusern | |
und Elektroautos ein klima- und ressourcenverträgliches Leben hinbekommen. | |
Stattdessen gerät der Lebensstil des schneller, größer, mehr unter | |
Beschuss. Der Bundestag diskutiert Alternativen zu den | |
Wohlstandsindikatoren „Bruttosozialprodukt“ und „Wirtschaftswachstum“. | |
Und vor allem treibt das Unwohlsein am zukunftfressenden Konsummodell im | |
Alltag bunte Blüten. Im Transition Town Trieves in der französischen | |
Provinz, wo eine ganze Stadt erfolgreich andere Konsummuster erprobt; bei | |
Kleinstbanken, die sich von den Aktienmärkten fern halten; in verschworenen | |
Gemeinschaften von Großstädtern und Landwirten, auf Verschenk-Märkten in | |
Berliner Bezirken. | |
## Collaborative Consumption | |
Woher kommt plötzlich diese neue Kultur des Miteinander-Teilens? Für die | |
amerikanische Sozialwissenschaftlerin Rachel Botsman ist das quasi in | |
unserem Genen angelegt. Die Frontfrau des „Collaborative Consumption“ sagt: | |
„Wir sind Affen, wir wurden geboren und sind aufgewachsen, um zu teilen und | |
zu kooperieren, wie wir das seit Jahrtausenden gemacht haben.“ | |
Das Umweltmagazin zeo2 hat drei Diskutanten für das tazlab eingeladen, die | |
sich intensiv mit der Abkehr von unseren ressourcenfressenden Konsumwelten | |
beschäftigen: Klaus Wiegandt stand lange an der Spitze des Metro-Konzern, | |
einem der größten Handelsunternehmen des Landes. Heute fragt er: „Besteht | |
Lebensqualität nur aus Konsumfreude?“ Mit seiner Stiftung Forum für | |
Verantwortung will er das ökologische Bewusstsein der Zivilgesellschaft | |
schärfen, „weil die Politik nur aktiv werden kann, wenn ein entsprechender | |
Rückhalt in der Bevölkerung besteht“. | |
Niko Paech ist im klassischen Weltbild der Ökonomie erzogen worden, jetzt | |
tritt er als streitbarer Ökonomie-Professor für das Ende der herrschenden | |
Konsum- und Wachstumsideologie ein. Ein grundlegendes Umdenken müsse her. | |
„Über seine Verhältnisse zu leben ist keine griechische Spezialität, | |
sondern Ausdruck modernen Dasein“, sagt Paech in einem Beitrag für zeo2. | |
Und zielt damit auf Ressourcenverschwendung und Energievergeudung in der | |
heutigen globalen Wirtschaft. | |
Doch die Frage bleibt: Erreicht der Wandel den Mainstream? Kora Kristof | |
forscht zu den „Modellen der Veränderung“ und zu den „Erfolgsbedingungen… | |
der Veränderung. Sie ist überzeugt: „Es ist an der Zeit, sich intensiv mit | |
Veränderungsprozessen zu befassen: Nur wer besser versteht, wie dieser | |
Wandel abläuft, kann die Richtung der Veränderungen auch mit beeinflussen – | |
damit in der Umweltbewegung nicht nur vieles gut gemeint ist, sondern auch | |
gut und erfolgreich gemacht werden kann.“ | |
3 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Marcus Franken | |
## TAGS | |
tazlab 2012: „Das gute Leben“ | |
Umweltschutz | |
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