# taz.de -- Kommentar Koalitionsausschuss: Nicht jede Attacke ernst nehmen | |
> Wer Europa retten will, muss sich auch um den Kleinkram kümmern. Die | |
> Kanzlerin fördert die Arbeitsteilung und entscheidet nur das Wichtigste | |
> selbst. | |
Es ist kein Wunder, dass sich Spitzenleute von Union und FDP für ihre | |
jüngsten Beschlüsse loben, als hätten sie Historisches geleistet. Nach | |
wackliger Griechenland-Mehrheit, Gauck-Krach und Frosch-Vergleich soll das | |
Ergebnis des Koalitionsausschusses den Beweis liefern, dass diese Regierung | |
noch in der Lage ist, Politik zu machen. | |
In der Tat: Es ist schön zu wissen, dass Schwarz-Gelb auch arbeitet, statt | |
zu streiten – ganz sicher konnte man sich da in den vergangenen Wochen | |
nicht mehr sein. | |
Nun könnte man sich darüber lustig machen, dass die Koalitionäre nur | |
kleines Karo schaffen. Die Parteispitzen umgehen alle offenen | |
Großkonflikte, etwa bei der Pflege oder beim dauerhaften | |
Eurorettungsschirm, stattdessen segnen sie unstrittigen Kleinkram ab. Doch | |
dies wäre zu kurz gegriffen. Denn es ist das Symptom einer Arbeitsteilung, | |
welche die Kanzlerin innerhalb der Koalition etabliert hat. | |
Sie selbst lässt sich beim Regieren längst nicht mehr von der FDP oder der | |
CSU stören. Sie schwebt scheinbar unberührt über all den Koalitionskrächen | |
und entscheidet das Wichtige selbst. Am augenfälligsten ist das bei der | |
Europapolitik, wo Merkel ihren Wissensvorsprung ausspielen kann, den sie | |
den zu Hause motzenden Partnern voraushat. Wer Europa retten will, kann | |
nicht jede Attacke ernst nehmen. | |
Deshalb kommt auch dem Kleinkram eine wichtige Rolle zu: Er wirkt in einer | |
Koalition, die bei wichtigen Fragen auseinanderdriftet, wie Leim. Indem | |
jeder Beschluss einen der Partner beruhigt und streichelt. So schmückt sich | |
die FDP damit, das bürokratische Kooperationsverbot in der Bildungspolitik | |
zu lockern, während Hardliner in der CSU den Warnschussarrest bejubeln. Und | |
die Kanzlerin kann sich weiter dem wirklichen Regieren widmen. | |
5 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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