# taz.de -- Schwedische Fabrik für Saudi-Arabien: Deckname "Simoon" | |
> Schweden plante im Geheimen ein großes Geschäft mit Saudi-Arabien. Nicht | |
> nur Waffen wollte man liefern, sondern gleich eine ganze Fabrik. Das flog | |
> jetzt auf. | |
Bild: Verträge müssen eingehalten werden, sagt Schwedens Ministerpräsident F… | |
STOCKHOLM taz | Schweden gehört zu den westlichen Ländern, die seit Jahren | |
kein Problem damit haben, ein autoritäres Regime wie Saudi-Arabien mit | |
modernsten Waffen aufzurüsten. Aufgeflogen sind nun aber Pläne, gleich eine | |
komplette Fabrik für Raketentreibstoff und -motoren zu liefern. Produkte, | |
die möglicherweise auch gegen die innere Opposition eingesetzt werden | |
könnten. Die schwedische Öffentlichkeit sollte das nicht erfahren. | |
„Simoon“ – arabisch: starker, trockener Wind – lautete der Deckname fü… | |
zwischen dem saudi-arabischen Verteidigungsministerium und „Totalförsvarets | |
forskningsinstitut“ (FOI), einer staatlichen schwedischen Behörde für | |
Militärtechnik und -forschung, ausgehandelten Projekt. | |
Die Regierung segnete den Deal ab, doch um die staatliche Beteiligung zu | |
verschleiern, wurde eine Scheinfirma gegründet, die dann formal die | |
Genehmigung zum Handel von Militärmaterial mit Saudi-Arabien erhielt. | |
Zwischen dem Chef der Behörde, die eigentlich die Einhaltung der | |
Waffenexportgesetzgebung kontrollieren soll, und Vertretern der saudischen | |
Regierung wurde verhandelt, wie am besten vorzugehen sei, damit das | |
Geschäft auch von dieser Instanz genehmigt werden könne. | |
## Ein Radiosender deckt auf | |
Aufgedeckt wurde der Deal in den vergangenen Tagen von „Sveriges Radio“, | |
dem öffentlich-rechtlichen schwedischen Rundfunk. Die beteiligten Behörden | |
und Ministerien bestritten im Vorfeld der Veröffentlichung jegliches Wissen | |
und überhaupt die Existenz von „Simoon“ – bis sie mit den schriftlichen | |
Beweisen konfrontiert wurden. | |
Die waren dem Rundfunk offenbar von Insidern gesteckt worden. Im | |
parlamentarischen Waffenexportausschuss allerdings waren alle Parteien | |
ordnungsgemäß informiert worden – keine reagierte. | |
Medienkommentare sprechen nun von „moralischer Havarie“ (Dagens Arena) und | |
fordern: „Stoppt die Zusammenarbeit!“ (Dagens Nyheter). Die | |
Friedensorganisation Svenska Freds wirft Stockholm ein „Doppelspiel“ vor | |
mit einer „Friedensrhetorik nach außen und der Aufrüstung von Diktatoren im | |
Geheimen“. „Klassisch konspirativ“ nennt der Konfliktforscher Wilhelm | |
Agrell das Vorgehen der Politik: Öffentlichkeit und Kritik sollten umgangen | |
werden. | |
## Waffenindustrie braucht Aufträge | |
Schweden hat eine umfangreiche Waffenindustrie, die Aufträge braucht. Und | |
Saudi-Arabien sei eben ein interessanter Kunde, sagt Pieter Wezeman vom | |
Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri: Allein 20 Prozent des | |
schwedischen Waffenexports gingen 2011 nach Saudi-Arabien. | |
Ob der Bau nach dem Auffliegen des Geschäfts verwirklicht wird, darüber | |
gibt es nun Streit in der Regierung. | |
Nein, sagt der Verteidigungsminister. | |
Geschlossene Verträge müsse man einhalten, erklärt Ministerpräsident | |
Reinfeldt. Die Exportindustrie warnt, es könne Schweden teuer zu stehen | |
kommen, den Deal aufzukündigen. | |
9 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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