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# taz.de -- Chinas Wirtschaft: Der Wachstumsmotor stottert
> Der Hoffnungsträger für die kriselnde Weltwirtschaft hat nun selbst
> reichlich Probleme: Import und Export gehen zurück, die Preise steigen,
> die Baubranche liegt am Boden.
Bild: Nicht mehr unbedingt hoch hinaus – die Bausektor in China ist zusammen…
BERLIN taz | Bis vor Kurzem ist es der chinesischen Führung gelungen, den
diversen wirtschaftlichen Krisen zu trotzen. 2012 könnte für die Führung
aber zu einem schwierigen Jahr werden.
Bei der jährlichen Tagung des Nationalen Volkskongresses warnte
Handelsminister Chen Demin letzte Woche vor „instabilen Faktoren“ vor allem
im Außenhandel. Nach Angaben der Zollbehörde ist Chinas Im- und
Exportvolumen im Januar gegenüber dem Vormonat um 18,1 Prozent
eingebrochen. Bei der Ausfuhr sind besonders Vorprodukte betroffen, bei
manchen gingen die Aufträge um 20 Prozent zurück.
Noch dramatischer sieht es beim Import aus. Dessen Rückgang betrug im
Vergleich zum Vorjahresmonat 15,3 Prozent, was auf eine sehr schwache
Binnennachfrage hinweist. Dabei hatte sich die Führung zum Ziel gesetzt,
angesichts schrumpfender Absatzmärkte in Europa und den USA die
Binnenkonjunktur zu stärken.
Umso bestimmter pochte Chen darauf, dass China an der Politik des
Importausbaus festhalten müsse. Etwas blumiger hatte sich zu Beginn des
Volkskongresses Premierminister Wen Jiabao geäußert. „International wird
die Straße zur wirtschaftlichen Erholung ein gewundener Pfad sein.“ Was an
Wens Rede vor allem aber überraschte: Obwohl die meisten
Wirtschaftsexperten in ihren Prognosen weiterhin von einem Wachstum von
über 8 Prozent für China ausgehen, gab der Premierminister ein Ziel von
lediglich 7,5 Prozent aus. Das wäre der niedrigste Wert seit 20 Jahren.
## Besonders bedrohlich ist die Lage auf dem Immobiliensektor
Offensichtlich hat Wen sehr deutlich vor Augen, vor welchen internen
Problemen das Land steht. Besonders bedrohlich ist die Lage im
Immobiliensektor. Angesichts der rapide steigenden Preise hatten mehrere
Stadt- und Provinzregierungen 2011 in besonders boomenden Städten den Kauf
von Zweit- und Drittwohnungen erschwert und die Kreditvergabe
eingeschränkt.
Doch die Behörden sind offensichtlich übers Ziel hinausgeschossen. Zwar
fielen die Preise für Immobilien in den vergangenen Monaten moderat. Nun
ist aber der Bausektor zusammengebrochen. Und der macht immerhin 17 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts aus. Nun stecken viele Baufirmen in
Zahlungsschwierigkeiten.
Vor allem der Sommer bereitet vielen Ökonomen Sorge. Für viele dieser
Unternehmen werden im Juni und Juli Kredite fällig, die sich als „faul“
erweisen könnten. 2009 und 2010 hatte die Regierung im Zuge der
eingebrochenen Weltwirtschaft das Kreditvolumen massiv ausgeweitet. Nun
könnte sich herausstellen, dass sich viele dieser finanzierten Projekte als
Fehlinvestitionen erweisen.
## Derzeite Führung weitet Kreditvolumne wieder aus
Doch ausgerechnet in diesem Jahr steht an der Spitze der Kommunistischen
Partei und damit des Staates ein Führungswechsel an. Und um beim
Machtwechsel die Stimmung im Land stabil zu halten, weitet die derzeitige
Führung das Kreditvolumen wieder aus. Kurz vor Beginn des Volkskongresses
hat sie zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten die
Mindestreserveanforderungen für Banken um 50 Basispunkte auf 20,5 Prozent
gesenkt und damit umgerechnet knapp 50 Milliarden Euro mehr zur Vergabe von
neuen Krediten in die Märkte gepumpt. Die Inflationsbekämpfung, die noch
vor wenigen Monaten ganz oben auf der Agenda stand, hat keine Priorität
mehr. Prompt ist die Preissteigerung wieder auf 4,6 Prozent gestiegen, die
Preise für Lebensmittel legten sogar um mehr als 10 Prozent zu.
Obwohl die chinesische Führung derzeit betont, sich wirtschaftspolitisch
auf den Binnenmarkt konzentrieren zu wollen, hat sie doch sehr viel mehr
Rezepte für den Außenhandel parat. Die Financial Times berichtet, dass
China mit Ländern der sogenannten BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien
und Südafrika) vereinbaren will, den Handel künftig direkt in Renminbi
abzuwickeln. Dies würde unweigerlich eine Stärkung der chinesischen Währung
bedeuten – auf Kosten des US-Dollar.
Zudem hat die einflussreiche Wirtschaftsplanungskommission eine Liste mit
30 Ländern veröffentlicht, mit denen der Handel über gesonderte finanzielle
Unterstützung forciert werden soll – vor allem Länder mit hohen
Rohstoffvorkommen und einer vielversprechenden demografischen Entwicklung.
Staaten der Eurozone tauchen nicht auf.
12 Mar 2012
## AUTOREN
Felix Lee
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