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# taz.de -- Bürgerkriegsmilizen im Kongo: Milizenchef trickst Ölsucher aus
> Die letzte Miliz im Distrikt Ituri hat sich so eingenistet, dass der
> Total-Konzern vorerst nicht nach Öl suchen kann. Sie treibt aber auch die
> Bevölkerung ins Elend.
Bild: Die FRPI ist die letzte der einst zahlreichen Bürgerkriegsmilizen in Itu…
BUNIA taz | Bischof William Behamuka schreibt Briefe: an Hilfswerke und die
Regierung der Demokratischen Republik Kongo. Denn was sich in seiner
Diozöse südlich der ostkongolesischen Stadt Bunia abspielt, „könnte bald
zum nächsten Krieg explodieren“.
Der Mann mit Kreuz um den Hals sitzt in seinem Büro in der Anglikanischen
Kirche in Bunia. Eben erst ist er aus dem Gebiet rund 100 Kilometer südlich
zurückgekehrt, wo die Kämpfer der „Patriotischen Widerstandsfront von
Ituri“ (FRPI) aktiv sind. „Die Miliz hat die Städte besetzt, kontrolliert
nun die einzige Straße“, erklärt er.
Die FRPI ist die letzte der einst zahlreichen Bürgerkriegsmilizen in Ituri,
deren Krieg von 1999 bis 2003 zehntausende Tote forderte und jüngst durch
die Verurteilung des ehemaligen Milizenchefs Thomas Lubanga durch den
Internationalen Strafgerichtshof erneut in Erinnerung gerufen wurde.
FRPI-Kommandeur Cobra Matata ging 2007 als Oberst in Kongos Armee, 2009
jedoch desertierte er. Seitdem baut er in seiner Heimatregion Irumu südlich
von Bunia wieder seine Miliz auf.
Er behauptet, 1.500 Kämpfer zu haben. Die UNO schätzt sie auf 250. Sie
ziehen mit Kalaschnikows, Mörser sowie Raketenwerfern durch die Dörfer und
knöpfen den Leuten die Nahrungsreserven ab. „Der Krieg um die Lebensmittel
hat schon begonnen“, so der Bischof. Denn die Kämpfer hätten ihre Frauen
und Kinder im Schlepptau. Die Ernte reiche schlichtweg nicht für alle.
Helfer zögern, Nahrung zu liefern, weil diese letztlich in den Händen der
Rebellen landen würde. Sie hoffen, dass Kongos Regierung bald eine Lösung
findet. Immerhin habe FRPI-Kommandeur Matata die kongolesische Armee durch
ein gewitztes Manöver augetrickst, heißt es aus UN-Militärkreisen.
## Brigade fordert höheres Gehalt
Anfang Februar desertierte in Ituri fast eine ganze Armeebrigade.
„Gehaltserhöhungen, bessere Ausbildung und Ausrüstung“ forderten sie in
ihrer schriftlichen Erklärung, die der taz vorliegt. Kongos Generalstab gab
nach: Von heute auf morgen wurden alle rund 6.000 in Ituri stationierten
Soldaten abgezogen und zum Militärtraining geschickt – und gaben damit den
FRPI-Rebellen freies Feld.
„Direkt nachdem die Soldaten abgezogen waren, kamen die Kämpfer aus dem
Busch“, berichtet Bischof Behamuka. Die FRPI hatte ihre Kommandozentrale
zuerst in der Kleinstadt Bukiringi eingerichtet. Vor wenigen Tagen
verlagerte sie ihr Hauptquartier in das Dorf Gety, in den Bergen an einem
Grenzfluss zu Uganda.
UN-Militärexperten vermuten nun, dass Matata hinter der Armeemeuterei
steckte. Er geht als Einziger gestärkt daraus hervor. Und auch Matata
schreibt jetzt Briefe an Kongos Regierung, die Bischof Behamuka nach Bunia
gebracht hat. Einen Waffenstillstand und Verhandlungen fordert er, die
Freilassung von Gefangenen, die Anerkennung seines Generalsrangs, eine
Amnestie und die Anerkennung seiner Miliz als politische Partei.
Matata hat einen Vorteil: In seinem Gebiet werden Ölvorkommen vermutet. Im
Dezember vereinbarte der französische Ölgigant Total mit Kongos Regierung
Testbohrungen im „Block 3“, der auch Teile des Virunga-Nationalparks
umfasst. Die Lage macht es nun für die Ingenieure unmöglich, die ersten
Bohrtürme anzuliefern, weil die FRPI die einzige Straße kontrolliert, die
in das fragliche Gebiet führt.
18 Mar 2012
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Virunga-Nationalpark
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
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