# taz.de -- Rechtsextreme in Brandenburg: Neonazis am laufenden Band | |
> Rechte wollen in nächsten Wochen gleich fünfmal in Brandenburg | |
> aufmarschieren. Die NPD versucht damit, bei jungen Kameradschaften zu | |
> landen. Gegner planen vielfältige Proteste und Blockaden. | |
Bild: Nazis und GegendemonstrantInnen in Dessau. | |
Brandenburg rüstet sich gegen eine Serie rechtsextremer Auftritte. Gleich | |
fünfmal wollen Neonazis in den nächsten Wochen aufmarschieren. Nazi-Gegner | |
vermuten dahinter Kalkül – und wollen den Rechten die Auftritte vermasseln, | |
auch mit Blockaden. Diese Protestform hatte die Brandenburger | |
Landesregierung zuletzt scharf kritisiert. | |
Gleich der Auftakt ist eine Provokation: In Frankfurt (Oder) wollen | |
Kameradschaften und NPD am kommenden Samstag für einen deutschen | |
EU-Austritt demonstrieren. „Grenzen dicht“, fordert die Demo – in | |
unmittelbare Nähe zu Polen. Man müsse die „Frontstadt“ vor „schädlichen | |
Elementen“ schützen, so ein Aufruf. | |
Nur eine Woche später plant die Szene einen Aufmarsch in Brandenburg/Havel, | |
am 14. April in Neuruppin, am 1. Mai in Wittstock und schließlich am 12. | |
Mai in Cottbus. Als Veranstalter treten lokale Neonazi-Gruppen auf, meist | |
zusammen mit der NPD. Skurril wird’s in Neuruppin: Hier wollen Rechte unter | |
dem Label „Nationale Laubenpieper“ dagegen demonstrieren, dass die Polizei | |
wiederholt ihre Feiern in einer Gartenanlage auflöste. | |
Für Ralf Dietrich vom Brandenburger Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus | |
sind die Aufzüge ein Versuch der Szene, öffentlich machtvoller zu | |
erscheinen, als sie tatsächlich ist. Gordian Meyer-Plath vom märkischen | |
Verfassungsschutz erkennt auch ein Bemühen der NPD, wieder näher an die | |
jungen Kameradschaften ranzurücken. „Dort hat die NPD deutlich an | |
Attraktivität verloren und inzwischen ein echtes Nachwuchsproblem“, so | |
Meyer-Plath. | |
In den Städten organisiert sich auch der Protest gegen die Ultrarechten. | |
„Wir wollen den Nazis gleich zu Anfang klarmachen, dass sie keine Plattform | |
bekommen werden“, sagt Janek Lassau vom Bündnis in Frankfurt (Oder). Ziel | |
sei es, mit „friedlichen Massenblockaden“ die Rechten erst gar nicht | |
losmarschieren zu lassen. | |
Das sorgte vor einem halben Jahr schon mal für Ärger: In Neuruppin räumte | |
die Polizei im September rabiat eine Bürgerblockade gegen einen | |
Neonazi-Aufzug. SPD-Innenminister Dietmar Woidke warnte danach, die | |
Blockaden fortzusetzen. | |
Nach der Neuruppin-Räumung hatte das landesweite Aktionsbündnis eine | |
Arbeitsgruppe einberufen, um zu klären, wie man künftig gegen Neonazis | |
protestieren kann. Ergebnis: „Statt Spaltung brauchen wir eine neue, breite | |
Basis des Protests“, so Ralf Dietrich. Dafür sollen künftig mehrere | |
Aktionsformen nebeneinanderstehen. „Jeder soll seinen Protest finden.“ | |
Vorbild ist eine Protestserie von 2010: Gleich siebenmal wollte damals die | |
„Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ innerhalb weniger Wochen | |
aufmarschieren. Jedes Mal stellten sich Bürger mit Blockaden in den Weg. | |
Kurz darauf löste sich die Kameradschaft auf. „Das war eine | |
Initialzündung“, sagt Lassau aus Frankfurt (Oder). „An den Erfolg wollen | |
wir anknüpfen.“ | |
In Frankfurt (Oder) rufen die Stadt und Bürgermeister Martin Wilke | |
(parteilos) nun zu einer Kundgebung auf; Gewerkschaften, Parteien, Kirchen | |
und die Antifa hingegen zu Blockaden – mit beiderseitiger Unterstützung. | |
Auch die polnische „Pracownicza“-Gewerkschaft und ein Slubicer Kulturverein | |
wollen den Protest unterstützen. In Brandenburg/Havel soll es ebenso neben | |
Blockaden einen „Tag der Demokratie“ samt Fahrradkorso geben. Hoffnung | |
macht ein Fall aus Cottbus: Als dort im Februar die NPD demonstrierte, ließ | |
die Polizei sieben Kleinblockaden gewähren. | |
Bleibt die Frage, wie Polizei und Innenminister Woidke mit möglichen | |
Blockierern umgehen werden. Ralf Dietrich meint da einen „Lernprozess“ | |
ausgemacht zu haben. Und einige erinnern sich, dass Woidke auch mal anders | |
zu Blockaden stand: Als im Jahr 2005 erstmalig Brandenburger einen | |
Neonazi-Aufmarsch in Halbe blockierten, war auch der damalige | |
Umweltminister dabei – eben Dietmar Woidke. | |
19 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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