# taz.de -- Reaktionen in Uganda auf „Kony 2012“: Niemand wartet auf das US… | |
> Die Opfer des Bürgerkrieges in Uganda reagieren sehr unterschiedlich auf | |
> das Video „Kony 2012“ – einige schmeißen Steine. Die LRA-Kämpfer soll… | |
> erschöpft sein. | |
Bild: In Lira musste die Vorführung von „Kony 2012“ abgebrochen werden, al… | |
KAMPALA taz | Über 100 Millionen Mal wurde „[1][Kony 2012]“ bisher | |
angeklickt, es ist weltweit mittlerweile das meistgesehene Video dieses | |
Jahres. Nur die nordugandischen Opfer des 20-jährigen Bürgerkrieges | |
zwischen der Rebellenarmee LRA (Widerstandsarmee des Herrn) unter Joseph | |
Kony und Ugandas Armee hatten wegen nicht vorhandenem Internetzugang keine | |
Gelegenheit, das vor zwei Wochen online gestellte Video der | |
US-Nichtregierungsorganisation Invisible Children zu sehen. | |
Erst in den vergangenen Tagen wurde der Film, der den LRA-Führer | |
dämonisiert und die US-Öffentlichkeit für ein Eingreifen in Uganda | |
mobilisieren will, in Norduganda der Öffentlichkeit vorgeführt. | |
Die Reaktionen waren geteilt. In der Kleinstadt Lira, wo die LRA | |
jahrzehntelang Kinder entführte und Dörfer zerstörte, versammelten sich | |
hunderte Neugierige vor der Leinwand auf einem Fußballfeld. Das Video war | |
noch nicht zu Ende, als die Zuschauer ihrem Ärger Luft machten: Steine | |
flogen, die Vorstellung musste abgebrochen werden. | |
In der Provinzhauptstadt Gulu, wo zahlreiche Kinder aus den Dörfern im | |
Umland jahrelang jede Nacht in der Stadt Unterschlupf suchten, um nicht von | |
der LRA entführt zu werden, wurde das Video am Wochenende | |
Gemeindevorstehern vorgeführt. Sie bekamen Geld ausgehändigt, um | |
dabeizusein. Auch Politiker aus der Hauptstadt Kampala waren angereist. | |
Staatsminister Henry Oryem verteidigte Invisible Children: Die NGO habe | |
„sichtbare“ Veränderungen in Norduganda gefördert, zum Beispiel Stipendien | |
für Schüler. „Jeder, der gegen sie ist, ist unser Feind.“ | |
Aber Ugandas Premierminister [2][Amama Mbabazi protestierte in seinem | |
eigenen Video] gegen die Arbeit von Invisible Children. „Wir brauchen kein | |
aalglattes Video auf YouTube, um aufmerksam zu werden“, sagt er in die | |
Kamera. „Kony ist nicht in Uganda!“ Die Regierung fürchtet, die Kampagne | |
„Kony 2012“ könne dem Reiseland Uganda wieder das Image eines | |
Bürgerkriegslandes aufdrücken, obwohl auf ugandischem Gebiet der Krieg der | |
LRA seit 2006 beendet ist. | |
Rund 10 Prozent des uganischen Bruttosozialprodukts werden im Tourismus | |
erwirtschaftet. Premier Mbabazi lädt alle Hollywood-Größen ein, nach Uganda | |
zu reisen: „Sie werden ein anderes Land erleben als das, was von Invisible | |
Children gezeigt wird.“ | |
## Keine Massaker mehr | |
Die Kritik von allen Seiten hat Invisible-Children-Gründer und Filmemacher | |
Jason Russell mental zugesetzt: [3][Nackt lief er im kalifornischen San | |
Diego durch die Straßen.] Er hatte einen Nervenzusammenbruch und wurde in | |
eine Psychiatrie eingeliefert. Am Montag kam er wieder frei. | |
Ugandas Armee nutzt die Gelegenheit, um finanzielle Unterstützung zu | |
fordern. Sie jagt die LRA in den Nachbarländern, seit die Gruppe Norduganda | |
2006 verlassen hat und im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo und | |
angrenzenden Teilen Südsudans und der Zentralalafrikanischen Republik | |
wütet. Kony selbst wird an der Grenze zwischen der Zentralafrikanischen | |
Republik und der sudanesischen Region Darfur vermutet. | |
Auffällig ist: Die LRA-Kämpfer im Kongo begehen neuerdings keine Massaker, | |
sondern plündern einfach, ohne zu töten. Gefangene und getötete LRA-Kämpfer | |
seien knochendürr, sagen UN-Quellen. In der Kleinstadt Dungu kam es vor | |
wenigen Tagen zur Massenpanik, als Bauern Fußabdrücke auf ihren Feldern | |
entdeckten: Tausende flohen – aus Angst vor der LRA. | |
Anders als „Kony 2012“ suggeriert, wartet die Region also nicht, dass das | |
US-Militär kommt, um den LRA-Chef zu fangen. Die Armeen von Uganda, Kongo, | |
Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik jagen Kony jetzt gemeinsam | |
unter Ägide der Afrikanischen Union. | |
Die im Oktober nach Uganda entsandten US-Spezialeinheiten sind in diesen | |
vier Ländern stationiert. Sie liefern laut UN-Militärkreisen nur | |
Satellitenaufnahmen und Bilder von Spionageflugzeugen. Die UN-Mission im | |
Kongo startete am 12. März eine Operation gegen die LRA, doch das führte | |
bloß dazu, dass sich die LRA-Kämpfer nach Westen in den Dschungel | |
flüchteten. | |
19 Mar 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Video-der-Woche/!89319/ | |
[2] http://www.youtube.com/watch?v=ye5X9Xdg2CE | |
[3] /Macher-des-Kony-2012-Videos-verhaftet/!89832/ | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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