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# taz.de -- Deutsche Bataillone in Nahost: Frieden militärisch absichern
> Zwei frühere Generäle und ein Ex-Geheimdienstchef stellen einen Plan vor,
> wie ein Frieden im Nahen Osten militärisch begleitet werden kann und
> muss.
Bild: Derzeit nicht vorstellbar: Deutsche Truppen in Jerusalem.
BERLIN taz | Ein deutsches Bataillon in Jerusalem, ein zweites vielleicht
in Ramallah, zur Friedenssicherung? Undenkbar? Keineswegs, wenn man zwei
hohen Exgenerälen und einem früheren Geheimdienstchef Glauben schenken
will. Der Palästinenser Dschibril Radschub, der Israeli Schlomo Brom und
der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann haben die
Bedingungen für eine Friedenssicherung zwischen Israel und Palästina
ausgelotet.
Eine deutsche Beteiligung an einem solchen Militäreinsatz hält Brom ebenso
für sinnvoll wie Radschub. Natürlich sollten auch US-Amerikaner und
Franzosen bei der Mission vertreten sein.
Mithilfe der grünen Böll-Stiftung lancieren sie von Berlin aus eine
Kampagne, sich für die Umsetzung eines Friedensprozesses im Nahen Osten
auch militärisch zu engagieren.
Sowohl Brom als auch Radschub betonen, nur eine internationale Vermittlung
und eine internationale Garantie könnten das gewachsene gegenseitige
Misstrauen aufbrechen.
„Vergessen Sie alles, was Sie über die Isaf in Afghanistan, die Ifor in
Bosnien oder irgendeine Blauhelmmission im Kopf haben, diese hier ist ganz
anders“, sagt der Exgeneral Shlomo Brom. Es gehe nicht darum, den
Konfliktparteien etwas aufzuzwingen, was sie nicht wollten. Grundlage der
internationalen Mission müsse ein ausgehandeltes Abkommen sein, dem beide
Seiten zugestimmt hätten.
Dennoch besteht auch Klaus Naumann darauf, dass die Mission entsprechend
Kapitel 7 der UN-Charta ausgestattet sein müsse. Das bedeutet, dass sie
militärische Gewalt anwenden darf, um ihre Aufgabe zu erfüllen.
## „Robustes Mandat“ erforderlich
Ein „robustes Mandat“ heißt für Naumann, dass „operationell begrenzte
Kampfeinsätze“ durchgeführt werden können. Verletzungen eines Abkommens
könnten so schnell und effektiv geahndet werden, ohne dass der
Gesamtprozess oder das Abkommen in Frage gestellt würden.
Dschibril Radschub, der unter Arafat Geheimdienstchef war und zuvor mehr
als zehn Jahre seines Lebens in israelischen Gefängnissen verbracht hat,
räumt ein, dass die Palästinenser das israelische Sicherheitsbedürfnis
anerkennen müssten.
„Ohne diesem Bedürfnis gerecht zu werden, werden wir keine Lösung
erzielen“, sagt er. Grundsätzlich sei diese internationale Militärmission
ja ganz im Sinne der palästinensischen Forderung nach einem Ende der
Besetzung und der Errichtung eines unabhängigen Staates. Deshalb stehe die
Zustimmung der palästinensischen Führung außer Frage.
## Internationalisierung der Konflikts
Selbst bei der Hamas sieht er gegenwärtig „pragmatische Kräfte“ am Werk,
auch wenn es offiziell keine Debatte mit ihr gebe. Für Radschub ist das
Ende der israelischen Besetzung das allererste Ziel, das jeder
Palästinenser verfolge. Dies schließe die Internationalisierung des
Konflikts ein.
Dass die israelische Regierung in der möglichen Internationalisierung des
Konfliktes einen Gewinn sehen könnte, will Schlomo Brom nicht ausschließen.
„Gegenwärtig scheint die Lage für Israel noch nicht dramatisch“, sagt er.
„Aber in spätestens zehn Jahren wird sich das ändern.“ Dafür sorge schon
die Demografie, nach der die Zahl der Palästinenser zwischen Jordan und
Mittelmeer schneller wachse als die der Israelis.
Das sei auch der israelischen Führung bewusst, selbst wenn sie noch nicht
entschieden habe, wie sie darauf reagieren sollte. Angesichts des Umbruchs
in der arabischen Welt sei es an der Zeit für Israel, zu handeln.
## Berlin, Brüssel, New York, Washington
Über die Kosten eines solchen Projektes und den Zeitrahmen will der
langjährige Nato-Militärchef Naumann nicht spekulieren. Naumann betont
jedoch, dass die politische und militärische Führung des internationalen
Einsatzes bei Legitimation durch den UN-Sicherheitsrat in einer Hand liegen
müsse.
Nach Berlin wollen die beiden Exgeneräle und der Exgeheimdienstmann zur
Europäischen Union nach Brüssel und dann nach New York und Washington
reisen, um ihr Projekt vorzustellen.
„Angesichts der brisanten und schnellen Entwicklung im Nahen Osten muss man
auf alle Entwicklungen vorbereitet sein“, sagt Naumann. Und Brom fügt
hinzu: „Wer hätte zu Beginn 2011 gedacht, dass sich der Nahe Osten so sehr
verändern würde.“
20 Mar 2012
## AUTOREN
Georg Baltissen
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